Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Bundes- 
staatliche 
Vertreter 
316 „VAE VICTIS!“ 
Mita Benkendorf, celebre par ses malheurs conjugaux, du reste un homme 
charmant!“ 
Von den bundesstaatlichen Gesandten war der Bayer Perglas einer der 
letzten Vertreter des reichsfeindlichen bayrischen Partikularismus. Bei 
Berliner Hoffesten hielt er sich demonstrativ zum Diplomatischen Korps, 
nicht zum Bundesrat. Als Bismarck ihn einmal unter den ausländischen 
Vertretern stehen sah, redete er ihn auf französisch an. Als Perglas verlegen 
erwiderte, er sei der bayrische Gesandte und verstehe ganz gut Deutsch, 
meinte Bismarck: „Da Sie sich immer zu den Ausländern stellen, statt zu 
Ihren Kollegen vom Bundesrat, hielt ich Sie für einen Fremden.‘ Im 
Gegensatz zu Perglas gehörte der württembergische Gesandte, der Freiherr 
Hugo von Spitzemberg, zu den Intimen des Bismarckschen Hauses. Er 
und seine Gattin, eine Tochter des langjährigen württembergischen 
Ministerpräsidenten Karl von Varnbüler, waren der Familie Bismarck 
schon in St. Petersburg nähergetreten, als dort gleichzeitig Bismarck 
Preußen und Spitzemberg Württemberg vertrat. Es gelang Frau von 
Spitzemberg, den Fürsten Bismarck allmählich mit ihrem Vater zu ver- 
söhnen, der im Juni 1866 in der Württembergischen Kammer auf die Frage, 
was mit einem besiegten Preußen geschehen solle, triumphierend geant- 
wortet hatte: ,„Vae victis!“ Der Freiherr Karl von Varnbüler wurde ein 
eifriger Mitarbeiter des großen Kanzlers bei dessen schutzzöllnerischer 
Politik. Karl von Varnbüler hat, wie sein Schwiegersohn Spitzemberg, den 
Sturz des Fürsten Bismarck nicht mehr erlebt. Sein Sohn Axel von Varn- 
büler und seine Tochter, die verwitwete Frau Hildegard von Spitzemberg, 
gehörten zu den ersten, die von dem gestürzten Bismarck abschwenkten. 
Axel, der später Württemberg als Gesandter und Bevollmächtigter zum 
Bundesrat vertrat, folgte dem Beispiel Phili Eulenburgs, mit dem ihn, 
seitdem sie in Straßburg zusammen studiert hatten, intime Freundschaft 
verband. Seine Schwester, Hildegard von Spitzemberg, schloß sich mit 
solchem Enthusiasmus dem Nachfolger von Bismarck an, daß in dem 
grollenden Friedrichsruh spöttisch behauptet wurde, sie wolle den Hagestolz 
Caprivi heiraten, um Frau Reichskanzler zu werden. 
Von den bundesstaatlichen Vertretern in Berlin gefielen mir der Badener 
Türckheim und der Hanseate Dr. Krüger am besten. Der Freiherr von 
Türckheim zu Altdorf, der Baden seit dem Mai 1864 in Berlin vertrat, war 
ein wackerer Alemanne vom Schlage der Karl Mathy und Ernst Bassermann. 
Sein lebendiger Patriotismus und seine herzliche Freude an unserem 
herrlichen, aus der Feuerprobe dreier siegreicher Kriege hervorgegangenen 
Deutschen Reich berührte in dem bisweilen allzu kritischen und deshalb 
flach und kleinlich urteilenden Berlin doppelt wohltuend. Dr. Krüger war 
ein tüchtiger Niederdeutscher, stand mit festen Knochen auf der dauernden
	        
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