Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

XXV. KAPITEL 
Die Kollegen an der Gesandtschaft » Professor Karl Hillebrand - Berlin im Mai 1875 
Soireeim Hausministerium « Staatssekretär von Bülow über die politische Lage + In 
Varzin « Besuch auf dem Lande » Über Wien nach Ischl - Idyll am St.-Wolfgang-See 
Salzburg »- Lothar Bucher und der Ernst des Lebens 
n Rom war meines Bleibens nur noch kurze Zeit. Ein Erlaß meines 
Vaters an den Gesandten von Keudell verfügte meine Abberufung von 
der Gesandtschaft. Gleichzeitig erhielt ich vier Wochen Urlaub, um meine 
französische Probearbeit über Verfassung und Neutralitätsverhältnisse 
der Schweiz fertigzustellen. Ich trennte mich nicht leicht von Rom, wo 
auch die gesellschaftlichen Verhältnisse sehr angenehm gewesen waren. 
Herr von Keudell war weder interessant noch bedeutend, aber ein wohl- 
wollender Vorgesetzter, und namentlich für die Bearbeitung der laufenden 
Angelegenheiten hatte ich manches bei ihm gelernt. Sehr sympathisch war 
mir der erste Sekretär Fürst Alexander Lynar. Er war mit einer ganz 
hübschen Amerikanerin verheiratet. Die Heirat war in ungewöhnlicher 
Weise zustande gekommen. Er hatte im Juni 1870 in Paris, wo er damals 
Sekretär der Botschaft war, die Bekanntschaft der niedlichen Miß May 
Parsons gemacht. Als plötzlich, ihm jedenfalls unerwartet, der Krieg aus- 
brach, hielt er telegraphisch um ihre Hand in Columbus in Ohio an. Seine 
Bewerbung wurde freundlich aufgenommen. Es scheint, daß Miß Parsons 
glaubte, ein deutscher Fürst müsse sehr reich sein, während er annahm, eine 
junge Amerikanerin aus Columbus würde eine sehr große Mitgift mit- 
bekommen. Die kleine Enttäuschung, die eintrat, als sich nach der Heirat 
herausstellte, daß beide kein Vermögen besaßen, hat übrigens nicht 
verhindert, daß die Ehe glücklich wurde. 
Die beiden Gesandtschaftssekretäre, Herr von Schweitzer und Herr 
von Hasperg, glichen sich in ihrer Harmlosigkeit. Schweitzer habe ich 
gelegentlich als badischen Ministerresidenten in Florenz erwähnt. Als 
dieser Posten 1871 eingezogen wurde, war die gütige Großherzogin Luise von 
Baden bemüht gewesen, Herrn von Schweitzer die Aufnahme in den Reichs- 
dienst zu erwirken, und hatte in diesem Sinne an ihre Mutter, die Kaiserin 
Augusta, geschrieben. Diese Verwendung war, ich weiß nicht wie, zur 
Abberufung 
von Rom
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.