Fritz
v. Holstein
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nicht darauf einlassen wird. Er wird sich sagen, daß, sobald er uns den
Besitz von Elsaß-Lothringen garantiert, Rußland die Trumpfkarte aus der
Hand gibt, mit der es, so lange die Franzosen hoffen können, mit russischer
Hilfe früher oder später unsere Reichslande wiederzubekommen, in Frank-
reich jeden Stich machen kann, welche auch die französische Regierungs-
form sein möge, die große Karte, die gegenüber jeder französischen Re-
gierung und jeder französischen Partei immer sticht und gewinnt.“ 3. „In
acht bis vierzehn Tagen wird Kaiser Alexander II. mit Gortschakow in
Berlin erwartet. Bismarck hat Andrässy eingeladen, während der An-
wesenheit des Zaren und des Fürsten Gortschakow nach Berlin zukommen,
um persönlich Fühlung mit den Moskowitern zu nehmen. Die Andrässysche
Note vom 30. Dezember soll die Basıs bilden, auf der man zu einem
praktischen Ausgleich zwischen der Pforte und den Insurgenten und damit
zur endlichen Beruhigung in der Herzegowina zu kommen hofft.“ 4. „Wir
werden uns an den bevorstehenden russisch-österreichischen Besprechungen
nicht unmittelbar beteiligen. Wir erklären aber schon jetzt, daß wir unsere
moralische Unterstützung jeder friedlichen Lösung gewähren werden, über
die unsere russischen und österreichischen Freunde sich einigen. Das
Einvernehmen zwischen Rußland und Österreich ist und bleibt die Voraus-
setzung für jede verständige, das heißt für eine friedliche Regelung der
Orientalischen Frage. Unsere Aufgabe besteht darin, ein solches Einver-
nehmen unter Berücksichtigung der allgemeinen europäischen Verhältnisse
in jeder Weise zu fördern.“
Über meine persönliche Zukunft sagte mir mein Vater, er habe eigentlich
beabsichtigt, mich an die Pariser Botschaft zu versetzen, dieser sein Wunsch
sei aber von Holstein durchkreuzt worden. „Wer ist eigentlich Hol-
stein ?“ frug ich meinen Vater. „Ich kenne ihn so gut wie gar nicht, habe
ihn nur einmal bei Herbert getroffen und ein anderes Mal abends bei der
Fürstin Bismarck. Wir haben kaum zusammen gesprochen.“ Mein Vater
antwortete: „Wer Holstein ist? Ja, mein guter Peter (als ich ein kleiner
Junge war, nannte mich mein Vater scherzweise, besonders wenn er platt-
deutsch mit mir sprach, Peter), diese Frage ist nicht so leicht zu beant-
worten. Fritz von Holstein kam als blutjunger, noch ganz unfertiger Mensch
als Attache zu Bismarck nach Petersburg. Seitdem spielt er bei unserm
großen Mann die Rolle, die bei einem andern großen Mann, bei Richelieu,
der Pere Joseph gespielt haben soll.‘“ Nach einer kurzen Pause fügte mein
Vater hinzu: ‚Mir ıst Holstein im Grunde unheimlich. Ich habe das auch
Bismarck gesagt und ihn vor Holstein gewarnt. Der Fürst meinte, er müsse
einen Menschen haben, auf den er sich ganz und gar verlassen könne. Als
ich replizierte, er wisse doch, daß er sich auf mich verlassen könne, meinte
der Fürst lächelnd: ‚Ja, aber nur für das Gute! Ich muß aber zuweilen auch