Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

DAS ROTHSCHILDSCHE HAUS 29 
Wilhelm II. hat die durch Wohltätigkeitssinn wie durch musikalische 
Begabung ausgezeichnete Baronin Mathilde sehr verehrt. In angenehmer 
Erinnerung ist mir der Garten des Rothschildschen Hauses geblieben, in 
dem ein Pavillon stand, von dem aus man auf die städtischen Anlagen 
blickte. Im Garten standen auch Mirabellenbäume, deren Früchte uns noch 
besser gefielen als die Aussicht auf die Promenade. Ich esse noch heute, als 
alter Mann, keine Mirabellen, ohne an Frankfurt zu denken. In den Tür- 
pfosten des Rothschildschen Hauses waren kleine Elfenbeintäfelchen ein- 
gelassen mit hebräischen Lettern. Unsere Eltern erklärten uns Kindern, 
daß auf diesen Täfelchen die Zehn Gebote stünden. Daß die Israeliten sich 
die heiligen Zehn Gebote stets vor Augen hielten, sei sehr zu loben, aber 
trotzdem zu wünschen, daß Gott die Binde Mosis von ihren Augen nehme, 
damit sie das helle Licht des Evangeliums erkennten. Das Rothschildsche 
Haus in der Neuen Mainzer Straße ist später in den Besitz des Herzogs von 
Nassau übergegangen und gehört, wie ich glaube, heute einer Bank.
	        
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