Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

504 BISMARCKS MISSTRAUEN 
Manteuffel im Bunde mit den „Reichsfeinden“, den Klerikalen und 
Demokraten, solche Intrigen unterstütze und daß der alte Kaiser schon ins 
Schwanken geraten sei. Sein Mißtrauen und sein Zorn wurden noch durch 
ein Interview verstärkt, das Gortschakow im Hotel de l’Europe in Baden- 
Baden, seinem Lieblingsaufenthalt im Herbst, einem Franzosen, und noch 
dazu einem Redakteur des orleanistischen ,Soleil‘‘, also dem Vertreter der 
Bismarck verhaßtesten französischen Richtung, gewährt hatte. Gor- 
tschakow hatte sich über die Angriffe beschwert, die von der deutschen 
offiziösen Presse gegen ihn gerichtet würden, einen mehr als einundachtzig- 
jährigen Mann, der schon seit vierundzwanzig Jahren die auswärtige 
russische Politik leite. Ein von Berlin aus inspiriertes Blatt werfe ihm vor, 
daß seine Politik auf Stelzen ginge. Solche Injurien verdanke er, Gor- 
tschakow, ohne Zweifel seiner Freundschaft für Frankreich, aus der er 
niemals ein Hehl gemacht habe. Er habe schon zu Herrn Thiers und zum 
Herzog Decazes gesagt, was er auch jetzt den französischen Staatsmännern 
sage: „Seid stark! Das ist für eure eigene Sicherheit und für das europäische 
Gleichgewicht unerläßlich.““ Gortschakow hatte dem Franzosen noch 
gesagt, daß er dem Fürsten Bismarck seine für Rußland unbequeme 
wirtschaftliche Politik in keiner Weise übelnehme, denn die Deutschen 
hätten das Recht, in wirtschaftlichen Fragen nur auf deutsche Interessen 
Rücksicht zu nehmen. 
Über die Zusammenkunft von Alexandrowo hatte der russische Kanzler 
bemerkt: „Die beiden Souveräne lieben und schätzen einander sehr, und 
dies wird gewiß genügen, um manche Schwierigkeiten zu beseitigen und die 
leichten Differenzen, die sich hier und da ergeben könnten, auszugleichen.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.