Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

XXXVI. KAPITEL 
Beförderung zum Ersten Botschaftssekretär - Geschäftsträger - Alfons XII. in Paris 
Fürstin Monia Ouroussow « Dr. Landsberg »- Besuch in Rom + Pietro Blaserna und 
Marco Minghetti « Neapel, Capo Miseno - Reise nach Tunis » Dr. Gustav Nachtigal ° 
Algier « Dr. Julius Fröbel 
ls mein Chef, Fürst Chlodwig Hohenlohe, Anfang September 1883 seinen 
gewohnten Urlaub nach Aussee antrat, war ich nicht lange vorher vom 
Zweiten zum Ersten Botschaftssekretär befördert worden. Über dieses 
Avancement hatte ich mich ehrlich gefreut, nicht ganz so sehr wie dreizehn 
Jahre früher über den Gefreitenknopf, über meine Beförderung zum Ge- 
freiten im Königshusaren-Regiment, aber immerhin mehr als über manchen 
späteren größeren Sprung. 
Der Hauptgrund für meine Zufriedenheit lag darin, daß ich als Erster 
Botschaftssekretär sichere Aussicht hatte, von nun ab jedes Jahr längere 
Zeit die Botschaft als Geschäftsträger selbständig zu führen. Und danach 
stand mein Sinn. Ich wollte mich „betätigen“, wie der ehrgeizige diplo- 
matische Debütant das nennt, wenn er sich zum erstenmal auf der Bühne 
produzieren soll. 
Stille aber herrschte in der Welt, und nichts deutete auf Sturm, als mein 
Botschafter Paris verließ. Der Tod des Grafen von Chambord, des letzten 
Vertreters der älteren Linie des Hauses Bourbon und damit der Legitimität 
in Frankreich, hatte nur für Frankreich Bedeutung, und bei der fort- 
schreitenden Konsolidierung der Republik auch da nur geringe. Alphonse 
Daudet schrieb seinen Roman ‚,‚Les rois en exil“‘, der mit der melancholischen 
Wendung schließt: „La royaute, une grande vieille chose — morte.‘““ Als 
eine solche alte und große, aber tote Sache betrachtete Daudet das Königs- 
tum. Das schien damals nur für Frankreich zu gelten. Die Einnahme von 
Hu&, der Hauptstadt von Anam, war ein weiterer Erfolg für die Franzö- 
sische Republik. Damit sie nicht übermütig werde, richtete Mitte August 
die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung‘, das Sprachrohr des Fürsten Bis- 
marck, einen besonders kräftigen kalten Wasserstrahl gegen die „‚unsinnige“ 
Deutschenhetze der französischen Presse, die am Ende doch zum Kriege 
führen könne. 
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Avancement
	        
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