Graf
Hermann
Baudissin
46 ERINNERUNG AN RANTZAU
lebendigen deutschen Patriotismus bis zu seinem 1878 mit neunundachtzig
Jahren erfolgten Tode bewahrt. Er stand bis zuletzt in regem Verkehr mit
Gustav Freytag, Paul Heyse und Geibel. Er empfing nicht lange nach dem
Deutsch-Französischen Kriege auf Rantzau den Besuch des französischen
Dichters Francois Coppe&e, des Verfassers des „Passant‘‘ und der „Greve des
Forgerons“, der ihm unter dem Titel „Souvenir de Rantzau“ die nach-
stehenden schönen Verse widmete:
Les arbres de Rantzau sont tr&s-bons. Leur ramure
Dans mon äme a vers& le repos et la paix,
Et bien souvent, assis dans leur feuillage Epais
Ivre de leur odeur, j’ai trouv& l’heure breve,
Et rafraichi mon front fatigu& par le reve.
Pour le parfum des bois, pour la chanson des nids,
Grands aieux des for£ts, arbres, soyez benis!
En vous remerciant de l’accueil favorable
Mon esprit vous unit ä l’höte venerable.
Pres de qui j’ai passe ces jours calmes et doux,
Au comte hospitalier fort et bon comme vous
Qui t&moin d’un autre äge, ami des grands ance£tres,
Me parlait en marchant sous les branches des hetres.
Emu comme ä vingt ans de po6sie et d’art.
Puisse Dieux conserver ä ce noble vieillard
L’eternelle vigueur accordee aux grands charmes,
Et de sa belle vie allonger tant les charmes,
Que bien longtemps encore il promene ä pas lents
Sous vos vieux Tameaux verts ses jeunes cheveux blancs.
Die Nachricht vom Ableben meines guten Onkels Wolf, die mir nahe-
ging, erreichte mich am Fuße des Parthenon während meiner Geschäfts-
trägerzeit in Athen. Der zweite Bruder meiner Großmutter hatte lange
bei den dänischen Gardedukorps gestanden. Als 1848 in Kopenhagen die
demokratischen Eiderdänen ans Ruder kamen und drei Tage später in Kiel
die Unabhängigkeit der Herzogtümer und eine provisorische Regierung
proklamiert wurde, schloß sich Karl Baudissin der schleswig-holsteinischen
Bewegung an. Als General focht er bei Düppel, Fredericia und Idstedt
tapfer für das meerumschlungene Land. Der dritte Bruder meiner Groß-
mutter, der Hofjägermeister Graf Hermann Baudissin auf Sophienhof in
Holstein, erreichte von vier langlebigen Geschwistern das höchste Lebens-
alter. Er starb 1891 mit dreiundneunzig Jahren. Er hat Jena und er hat die
Entlassung des Fürsten Bismarck durch Wilhelm II. erlebt. Sein einziger
Sohn Wolf, der im gleichen Alter mit mir steht, studierte Theologie, hat