Ernennung
zum Bot-
schafter
in Rom
Philipp
Eulenburg
gratuliert
650 AUF DEN RÖMISCHEN POSTEN
einige Zeit nach Sigmaringen geschickt, wo ihm von seinen Eltern der Kopf
gewaschen wurde. Als die ganze Affäre in Vergessenheit geraten war,
durfte er nach Rumänien zurückkehren und hatte auf diese Weise leider
Gelegenheit, am Ende des Weltkrieges, er, ein Hohenzoller, ein preu-
ßBischer Offizier, sein deutsches Vaterland zu verraten.
Im Spätherbst 1893 weilte ich mit meiner Frau zu Besuch auf der
Deutschen Botschaft in Wien, wo ein Jahr vorher Fürst Bismarck bei
der Hochzeit Herberts mit der Komtesse Hoyos vom Kaiser Franz Josef
nicht empfangen worden war (der gehässige Brief Wilhelms II. an diesen
ist nach dem Umsturz von der Wiener Revolutionsregierung veröffent-
licht worden). Bei dem Prinzen Heinrich VII. Reuß, den Caprivi an-
gewiesen hatte, einer etwaigen Einladung zu der Hochzeit auszuweichen,
erfuhr ich, daß ich zum Botschafter in Rom bestimmt sei. Außer meiner
Beförderung zum Gefreiten im Königshusaren-Regiment hat mich
kein Avancement mehr gefreut als dieses. Ich hoffte, daß ich in Rom
Ersprießliches würde leisten können. Ich liebte Italien mit der alten Liebe,
die so viele Deutsche von Goethe und Winckelmann bis zu Gregorovius
und Anton Dohrn für das Land empfunden haben, nach dem sich Mignon
sehnte. Meine Frau war glücklich in dem Gedanken, daß sie wieder mit
ihrer Mutter vereinigt sein würde, an der sie mit zärtlicher Liebe hing.
Obwohl nicht unbescheiden, fühlte ich mich dem Amte eines Botschafters
gewachsen. Ich hatte siebzehn Jahre früher als Geschäftsträger in Athen
während des Balkankrieges nicht übel abgeschnitten. Ich hatte in Paris
während sechs, in St. Petersburg während vier Jahren diese schwierigen
und wichtigen Botschaften mehr als einmal als Geschäftsträger geleitet,
mir an der Seine wie an der Newa eine ganz gute Stellung gemacht und
einiges erreicht. So ging ich dreist und gottesfürchtig, wie es der Jugend
ansteht, der Aufgabe entgegen, die meiner harrte.
In Wien suchte uns, sobald meine Ernennung zum Botschafter fest-
stand, Phili Eulenburg auf. Seine Freude über meine Beförderung war
groß und, wie ich glaube, ganz aufrichtig. Meine Frau war hingerissen von
dem warmen Ausdruck dieser Freude. Sie verglich ihn mit einem guten
Engel, der sich mit den Glücklichen freut, die Unglücklichen tröstet und
allen helfen möchte. Meine Ernennung nach Rom war in erster Linie das
Werk von Holstein. Er hatte sie, wie alles, was er anpackte, mit Feuereifer
betrieben. Nicht aus besonderer Liebe für mich, sondern weil er die Lage in
Rom für noch gefährdeter hielt als sechs Jahre früher die Situation in
Rumänien und ich ihm für den römischen Posten ebenso geeignet schien
wie seinerzeit für den Bukarester. Caprivi interessierte sich nicht für diplo-
matische Personalien. Marschall war gegen meine Beförderung zum Bot-
schafter, weil er in mir, als ich selbst ernsthaft noch gar nicht daran dachte,