Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

DIE BECCADELLI 665 
Sizilien als Residenz. Nach ihm war die Zisa zeitweilig im Besitz des 
Hauses Carmporeale. Von ihrem Dach genießt man, wie ich finde, den 
malerischsten Blick auf Palermo. Ich bewunderte den Garten der Villa 
Serra di Falco. Wir suchten Monreale auf. Von allen italienischen Kirchen 
erscheinen mir die Markuskirche in Venedig und die Kathedrale von Mon- 
reale als diejenigen Gotteshäuser, in denen der Ernst und die Erhabenheit 
des katholischen Kultus am schönsten zum Ausdruck kommen und am 
stärksten ergreifen. Einen besseren Cicerone für Palermo als meinen 
Schwager konnte ich nicht finden. Er fühlte sich ganz als Sizilianer, als 
Bewohner von Palermo, wo er in jungen Jahren Sindaco gewesen war. Die 
Familie Beccadelli stammt aus Bologna, dessen Consiglio Generale sie 
schon seit Beginn des dreizehnten Jahrhunderts angehörte. Noch früher be- 
saß sie das Castello Beccadelli, nicht weit von Bologna. Colaccio Beccadelli 
war Herr von Imola und soll dort ein wüstes Regiment geführt haben. Ich 
habe einmal von Bologna aus sein Grab in Imola aufgesucht. Er ist auf 
der Steinplatte, unter der er ruht, in ganzer Figur dargestellt, hoch zu 
Roß. Sein Brustpanzer und die Decke seines Pferdes sind bedeckt mit 
Adlerklauen, die das Geschlecht der Beccadelli noch heute im Wappen 
führt. Die Inschrift auf seinem Grabmal lautet: 
Clauditur sub ista presenti Colacius Archa 
Qui mira tanta fecit quod sibi multa subjecit 
Dum tenuit Bononiam dans Beccadelli nomina. 
Qui obiit anno Domini MCCCXLI Indicione VIII Die XIII Marcü 
Bitinus de Bononia me fecit. 
Mit Vanino Beccadelli siedelte ein Zweig der Familie 1304 von Bologna 
nach Sizilien über, wo sie 1470 Marchese von Sambuca, 1620 Marchese 
von Altavilla, 1664 Fürsten von Camporeale, 1707 Herzöge von Aldragna 
und Granden von Spanien I. Kl. wurden und beträchtlichen Grundbesitz 
erwarben. Während mehr als fünfhundert Jahren haben sie den Königen 
von Spanien und Neapel aus dem Hause Aragon, später den Königen von 
Neapel aus dem Hause Bourbon eine stattliche Anzahl Generäle, Admiräle 
und Minister gestellt. Nach der Schlacht von Lepanto, in der sich mehrere 
Söhne des alten Hauses auszeichneten, war ihnen das Privileg verliehen 
worden, daß jeder Camporeale von Geburt Ritter des Malteser-Ordens ist. 
Ein Beccadelli, der sich dem geistlichen Stande zuwandte, wirkte auf dem 
Tridentinischen Konzil als Vertreter der Kurie, deren Ansprüche er mit 
Klugheit und Schärfe vertrat. Tizian hat das Bild dieses geistvollen Prä- 
laten gemalt. Es hängt im Palazzo degli Uffizi in Florenz. 
Von Palermo aus besuchte ich das etwa zwanzig Kilometer von dort ent- 
fernte Altavilla, das meiner Frau von ihrem Vater, dem Fürsten Domenico Altavilla
	        
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