DER PARK VON NEU-STRELITZ 59
fahrer erblickt ihn schon, wenn er noch fünf oder sechs Meilen von der Küste
entfernt ist. Das hörte ich als Knabe, und später hat es mir mein lieber
Freund, der Poet Adolph Wilbrandt, bestätigt, der ein Rostocker Kind war.
Und dann war in Rostock in der Altbettelmönchstraße der Feldmarschall
Blücher geboren, dem Meister Gottfried Schadow ein herrliches Denkmal
errichtet hat. Held Blücher steht da, wie er im Herzen des deutschen Volkes
lebt: In der vorgestreckten Rechten den Marschallstab, die Linke am Griff
des Schwertes, der linke Fuß vorwärts. Die Inschrift lautet: „Dem Fürsten
Blücher von Wahlstatt die Seinen.‘ Auf der Rückseite stehen die schönen
Verse von Goethe:
Im Harren und Krieg,
In Sturz und Sieg
Bewußt und groß,
So riß er uns vom Feinde los.
: Wismar, an einem Busen der Ostsee gelegen, konnte sich als Seehafen
nicht mit Rostock messen, aber interessanter als Strelitz war es doch, schon
weil in seiner Marienkirche ein Gitter zu sehen war von so wunderbarer
Arbeit, daß die Sage ging, bei seiner Herstellung habe der t}f Gottseibeiuns
in eigener Person dem Schmied geholfen. Dieses Gitter habe man nie nach-
ahmen können, es sei so kunstfertig gearbeitet, als ob Stricke ineinander-
geflochten wären. Selbst das nicht weit von Neustrelitz gelegene, ummauerte
und umwallte Friedland, die zweite Stadt im Großherzogtum Strelitz, regte
unsere Phantasie mehr an als die Hauptstadt des Landes, unser neuer
Wohnsitz.
Neustrelitz, erst 1730 erbaut, hat die Form eines achtstrahligen Sterns,
Die Idee der ganzen Anlage ist ungefähr wie die des zu gleicher Zeit
entstandenen Karlsruhe, dem auch fürstlicher Wille die Entwicklung in
mehr symmetrischer als malerischer Richtung vorschrieb. Acht Straßen
laufen vom Strelitzer Marktplatz aus, auf dem sich das Denkmal des
Großherzogs Georg erhebt, des Vaters der Königin Luise. Von diesen acht
Straßen war aber, wenigstens in meiner Jugend, die eine leider verbaut,
eine andere lief nicht in gerader Richtung, was bedauerlicherweise den
Gesamteindruck störte. Der Stolz der Neustrelitzer war der Schloßgarten
mit herrlichen Linden- und Kastanienalleen, die ihn mit der Schloßkoppel
verbanden, einem großen Park an den Ufern des Zierker Sees, mit schattigen,
lauschigen Wegen.
In diesem Park habe ich manchen schönen Frühlingsmorgen verbracht
mit meiner kleinen Freundin Hanne, eines Gärtners Töchterlein. Wir
neckten uns, wir spielten zusammen, wir pflückten Blumen, wir küßten uns,
wir badeten im klaren See, so unschuldig wie Daphnis und Chloe in dem