Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

88 Perser und Griechen. Europas Sieg über Afien. 
von dem Volke ab, sondern diese kam von dem Könige und den Edlen; 
letztere werden selbst oft Könige genannt und der eigentliche König war 
auch nur der erste unter ihnen, sowie er auch das größte Grundstück 
besaß und in dem schönsten Hause wohnte; die Edlen standen ihm durch 
Grundbesitz am nächsten, wie sie im Felde mit ihm in der Vorderreihe 
fochten und im Frieden mit ihm im Rathe saßen. Bei den Festen der 
Götter opferte der König und ordnete das Mahl, das von dem Opfer 
unzertrennlich war. Von regelmäßigen Abgaben an den König war keine 
Rede, doch steuerte das Volk bei, wenn er durch irgend ein Ereigniß, 
z. B. Erhaltung oder Wiederherstellung des Friedens oder durch Ge- 
schenke an einen verehrten Gast zu großem Aufwande genöthigt wurde. 
Mit dem väterlichen Gute, seinen Heerden und Sklaven erbte auch 
die Königswürde regelmäßig auf den ältesten Sohn. Starb aber ein 
königliches Geschlecht aus, wie dies zuweilen geschah, dann räumten in 
der nachtrojanischen Zeit die Edlen selten einem aus ihrer Mitte die Kö- 
nigswürde ein, sondern sie regierten nach hergebrachter Weise fort; so 
wurde die Monarchie in eine Aristokratie umgewandelt, obne daß in dem 
Zustande der Gemeinde, ihren Gesetzen und Rechten irgend eine erheb- 
liche Veränderung erfolgte. Vielmal kamen in einem königlichen Hause 
Frevel vor, indem sich die Glieder desselben mordeten oder verjagten, 
und dann mochte es wohl geschehen, daß das ganze Königsgeschlecht 
entweichen mußte, weil das Volk glaubte, durch die Gräuel in dem 
königlichen Hause komme die Rache der Götter über dasselbe und mit 
dieser Verderben über das ganze Volk, wenn es die Frewvler nicht ent- 
ferne. Sehr allmählig erhielten solche Republiken scharf gezeichnete Ver- 
fassungen, denn der Grieche hielt an den väterlichen Einrichtungen und 
änderte sie nicht willkürlich. Am wenigsten die Dorer; bei diesen erhielt 
sich die Aristokratie durchschnittlich in ihren Städten, weil sie in der Weise 
begründet war, in der sie das eroberte Land besetzten und vertheilten, 
wie wir bei Sparta sehen werden. Die Dorer waren auch nach ihrem 
ererbten Charakter härter und ernster als die Jonier und dem Handel 
und dem Verkehre abgeneigt, welcher durch seinen Gewinn oft dem ge- 
ringsten Bürger ein Vermögen schafft, das den ererbten Grundbesitz der 
Edlen überragt und die Ansprüche des Reichgewordenen gegen die Rechte 
des Reichgebornen in Widerspruch bringt. Die lebhafteren, dem Handel 
und Lebensgenusse ergebenen Jonier errichteten meistens Demokratieen 
d. h. eine Staatsform, in welcher alle Bürger gleiche Rechte haben, 
und das Mehr der Stimmen bei Wahl, Gesetzgebung und anderen 
Staatsgeschäften entscheidet. Das Musterbild der jonischen Staatsent- 
wicklung wurde durch Athen aufgestellt. Doch wurde bei Dorern und 
Joniern der Königsname nie verabscheut, im Gegentheile verehrten sie 
ihre alten Heldenkönige wie Schutzgeister und errichteten ihnen Tempel
	        
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