Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Die griechische Natlonalität. 95 
endlich weil in den Handelsstädten eine große Zahl Fremder sich Ge- 
schäfte balber einfand und allmählig einbürgerte. Fremde Politik schürte 
die Parteien, weil sie dadurch die Kraft der Städte brechen und diesel- 
ben in ihrem Dienste gebrauchen wollte. 
Die griechische Mationalitét. 
Hellenen und Barbaren. 
Wer moöchte die griechischen Städte und Staaten alle aufzählen, die 
von Olbia am Borysthenes und von Pantikapäum im taurischen Cherso- 
nes bis Naukratis am Nil und Barka am Rande der Wüste, vom kppri- 
schen Salamis bis Sagunt jenseits des Iberus ausgesäet waren, jede 
ein reges, freies Leben entfaltend? Wer könnte auch nur annähernd die 
Volkszahl bestimmen? Kein Volk der alten Welt hat sich auf diese Weise 
ausgebreitet; denn die großen Monarchieen Asiens waren eroberte Län- 
der= und Völkermassen, die nie zu einem Ganzen verschmolzen und aus- 
einander fielen, sobald die Kraft des Eroberers erlahmte, während die 
Griechen auch dann noch Griechen blieben, nachdem sie fremder Herr- 
schaft unterthan geworden. Sie vereinigten sich zwar nie zu einem 
großen Bundesstaate, dazu waren sie zu leidenschaftlich, zu stolz auf die 
Selbstständigkeit in ihren Städten; wir haben aber auch nicht ein Bei- 
spiel, daß eine griechische Stadt sich ihres Hellenenthums entäußerte und 
eine persische, ägyptische, gallische u. s. w. Stadt wurde, jede blieb ihrer 
Nationalität getreu. Die Griechen vergaßen ihres gemeinschaftlichen Ur- 
sprunges nie und ebenso wenig des gemeinschaftlichen Erbtheiles, der 
Muttersprache; stolz nannten sie jeden Nichtgriechen einen „Barbaren“, 
selbst wenn sie ihm Kunst und Wissenschaft nicht absprechen konnten, und 
die fremden Sprachen barbarische. Die Sprache war also das Band, 
das alle umschlang, an der sie sich als Glieder einer und derselben Na- 
tion erkannten, eine Griechenwelt stand einer Barbarenwelt gegenüber. 
Die Götter und deren Feste. 
Sie verehrten ferner gemeinschaftliche Götter, auch hatten mehrere 
Städte und Stämme gemeinsame Heiligthümer, zu deren Aufsicht und 
Sicherung sie einen Verein bildeten (Amphiktponie). Die berühm- 
teste Amphiktponie war die von Delpbi, der fast alle griechischen Staa- 
ten angehörten. Es gab Feste, von denen keine Stadt ausgeschlossen 
war, z. B. die pythischen, welche dem Apollo, die isthmischen, welche 
dem Poseidon, die nemeischen und olpmpischen, welche dem Zeus gefeiert 
wurden. Die letzteren hatten unter allen die höchste Bedeutung; ihre 
Einsetzung wurde dem Herakles zugeschrieben, die Erneuerung dem Elier 
Inphitus und dem spartanischen Gesetzgeber Lpkurgus. Sie wurden alle
	        
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