Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Die Stadt Athen. Gesetzgebung des Solon. 113 
Die Kriegspflicht danerte bis zum 60. Jahre. Die männliche 
Jugend übte sich zur Tüchtigkeit im Kriege so gut ein, als es in an- 
dern Städten geschah: durch Laufen, Ringen, Werfen, Schwimmen, 
Handhabung der Waffen. Nach einem siegreichen Gefechte wurde jedes- 
mal ein Preis der Tapferkeit ausgetheilt. Die im Kriege Gefallenen 
begrub man auf einem offentlichen Patze, dem Keramikos, mit großer 
Ehre. Ihre Gebeine ruhten in Särgen von Cppressenholzz Kinder und 
Anverwandte folgten im Leichengeleite zunächst, hierauf das ganze 
Volk. Ein eigens dazu gewählter Redner hielt vdie Leichenrede, und 
die Kinder der Gebliebenen wurden von der Stadt angenommen, erzo- 
gen und ausgestattet. 
Die solonische Gesetzgebung schützte ferner die Heiligkeit der Ehe; 
sie erlaubte namentlich die Ehescheidung nur in sehr wenigen Fällen. 
Die attischen Frauen erfreuten sich jedoch nicht so vieler Rechte wie die 
spartanischen; sie durften nicht ausgehen, wie sie wollten, sondern brach- 
ten die meiste Zeit in dem Gynäkeum (dem für das weibliche Geschlecht 
bestimmten Theile des Hauses, Weibergemach) zu. Es zeigt sich hierin 
der Einfluß, welchen die jonischen Verbindungen mit dem Morgenlande 
auf die griechische Sitte ausübten; während das dorische Mädchen in 
Sparta fast ganz wie der Knabe erzogen wird und wie dieser in Luft 
und Licht sich des jungen Lebens freut, die dorische Frau bei öffentlichen 
Festen erscheint, an den freudigen und traurigen Ereignissen, welche dem 
Staate begegnen, öffentlich lebhaften Antheil nimmt und von Mann und 
Sohn Achtung empfängt, wird das jonische Mädchen in der Erziehung 
vernachlässigt und die Frau eingeschlossen; die Sklaverei der Frauen im 
Orient wirft ihren Schatten von Jonien herüber nach Attika. So strenge 
das solonische Gesetz die Rechte des Vaters gegen die Familie überhaupt 
und gegen die Kinder wahrt, so verpflichtet es den Sohn doch nur dann 
zu der Verpflegung des alten Vaters, wenn ihn dieser etwas hatte er- 
lernen lassen. Bettelkinder sah man in Attika so wenig als in Spartaz. 
das Gesetz duldete den Müßiggang nicht, die Stadt beschäftigte jeden 
Bürger und nöthigte ihn zur öffentlichen Arbeit, wenn derselbe sich nicht 
von einem Grundstücke, von Handel oder Gewerbe ernährte. Oeffent- 
liche Arbeiten aber gab es genug; Athen war ja ein Handelsplatz, hatte 
eine Seemacht, Festungswerke, öffentliche Gebäude, Spaziergänge, Haine 
und Gärten. 
Gegen die Fremden zeigte sich Athen gastlicher als Sparta; der 
Fremde konnte sich in Athen niederlassen (Metöke), Insasse werden und 
ein Geschäft treiben, aber kein Grundeigenthum erwerben. Vor Gericht 
mußte sich der Metöke durch einen Bürger vertreten lassen; das Gesetz 
sicherte ihm Leben, Freiheit und Eigenthum, erschwerte überdies die Auf- 
nahme in das Bürgerrecht nicht gar zu sehr, ja viele Metöken, besonders 
Bumüller, Gesch. d. Alterth. 8
	        
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