Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Perikles. 139 
asiatischen Griechen in Europa ansiedeln wollten, wo sie ihnen Raum 
genug durch die Vertilgung von Argos, Theben und anderen Städten, 
welche dem Perser angehangen hatten, verschaffen wollten. Dies konnte 
aber den asiatischen Griechen so wenig zusagen als den Athenern, denn 
wozu nützte alsdann ihre Seemacht, wenn man dem Perser die reiche 
asiatische Küste und die verödeten Städte überlassen wollte? was wäre 
aus dem griechischen Handel geworden, wenn die Perser in Milet, Ephesus, 
Smyrna und in den anderen Städten die dienstbaren, aber des Handels 
und der Gewerbe kundigen Phönikier angesiedelt hätten ? Griechenland 
würde mit der Herrschaft über die See allen Einfluß auf Asien einge- 
büßt haben, die persische Despotie hätte sich neu befestigt, die griechische 
Bildung hätte sich nie zu dem herrlichen Baume entfalten können, dessen 
Aeste sich vom Stamme im hellenischen Boden bis an den Nil und 
Euphrat ausbreiteten; das Hellenenvolk wäre zu kleinen festländischen 
Staaten zusammengeschrumpft, in denen Sparta eine unbewegliche Ari- 
stokratie eingerichtet hätte. Indem Athen aber seine Seeherrschaft be- 
hauptete, hielt es die schönsten Kräfte der Hellenen zusammen und führte 
sie der Bestimmung entgegen, welche ihnen die Vorsehung zum Besten 
der Menschbeit angewiesen hatte; ohne Athen würde die hellenische Nation 
durch Spartas Einfluß auf dem europäischen Festlande erstarrt, in Asien 
verschwunden, auf den Inseln auseinandergesioben und im vereinzelten 
Kampfe aufgerieben worden sein, wie es im griechischen Italien geschah. 
Athen war der Träger der griechischen Macht ebenso sehr als der 
griechischen Bildung. Diese hohe Aufgabe konnte diese verhältnißmäßig 
kleine Stadt nur erfüllen, wenn alle ihre Bürger ihren Beruf erkann- 
ten und für ihn begeistert waren. 
Noch gab es aber in Atben viele ehrenwerthe Männer, welchen die 
fortwährende Aufregung des Volkes, die jedes große Unternehmen her- 
vorrief, ob es der Bezwingung eines abgefallenen Bundesgenossen oder 
neuer Eroberung galt, ein Uebel schien; welchen die fortwährende An- 
spannung aller Kräfte, die fast täglichen Volksversammlungen, worin die 
Mehrheit der Bürger entschied (und diese Mehrheit bestand aus dem 
gemeinen Manne), nicht gefielen, die dafür hielten, daß mehr Ruhe und 
weniger Aufregung dem Wohle der Stadt zuträglicher sein würde, welche 
besonders die Kämpfe gegen abgefallene Bundesgenossen als unrühmlich 
und ungerecht bezeichneten. An ihrer Spitze stand Kimon; dieser wollte 
den Bund und Athens Würde in demselben dadurch erhalten, daß er die 
Kräfte desselben gegen die Perser, als den Nationalfeind, richtete. Alleim 
er vergaß dabei, daß Sparta daran keinen Gefallen fand und die meisten 
Städte des Perserkrieges vollkommen satt waren; wozu sollten sie fechten, 
wenn sie keinen Lohn von dem Siege hatten als die Ehre desselben? 
wären wohl die Bürger Athens geneigt gewesen, um diesen Preis Gut
	        
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