Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Perikles. 141 
Bargersold. 
Der arme Bürger wurde durch die häufigen Volksversammlungen 
in seinem Erwerbe gestört und wollte er mit den Seinigen nicht leiden, 
so mußte er aus der Volksversammlung wegbleiben und auf die Aus- 
übung des wichtigsten seiner bürgerlichen Rechte verzichten. Perikles be- 
wirkte daher, daß jedem Bürger, der in der Volksversammlung erschien, 
1 Obolus (= 1/8 Drachme) ausbezahlt wurde (später 3, eine jährliche 
Auslage von 30—35 Talenten für den Staat), ebenso jedem sein be- 
stimmter Tagessold (1 Obolus, später ebenfalls 3), wenn er als Rich- 
ter (Heliaste) seine Privatgeschäfte versäumen mußte. In alter und 
neuer Zeit hat man dem Perikles dieses Besolden des Bürgers für die 
Ausübung seiner Rechte zum Vorwurfe gemacht; allein Athen war nun 
einmal Demokratie und konnte nach Solons Zeit keine andere Verfas- 
sung ertragen, weil sie der ganzen Natur seiner Bevölkerung allein an- 
gemessen war; der Staat (die Bürgergemeinde) war reich und mächtig 
geworden, wozu auch der Arme geholfen hatte, es erschien daher nur 
billig, daß man diesem die Ausübung seiner Rechte erleichterte. So- 
dann ist es durch die Geschichte der Republiken aller Zeiten und Völker 
bestätigt, daß der arme berechtigte Bürger zwar nicht wie in Athen von 
dem Staate, dafür aber von ehrgeizigen und reichen Männern bezahlt 
wird, damit er in der Volksversammlung erscheine und für ihren Antrag 
stimme, von Athen dagegen wissen wir kein Beispiel, daß die gemeinen 
Bürger ihre Stimmen verkauft hätten. Perikles wollte mit seiner Geld- 
spende zudem einen noch höheren Zweck erreichen; indem der gemeinste 
Bürger jeder wichtigeren Volksversammlung anwohnte und die Redner 
für und gegen die gestellten Anträge sprechen hörte, gewann derselbe 
politische Bildung; er lernte alle Verhältnisse des Staates kennen, glei- 
Hende und verständige Worte vergleichen und eine Rede würdigen, er 
lernte selbstständig urtheilen, während sich zugleich sein Geschmack aus- 
bildete und mit ihm seine Sprache. Es gereicht dem athenischen Volke 
zur hohen Ehre und ist des Perikles schönste Rechtfertigung, nicht allein 
daß Athen die besten Redner hervorbrachte und das Volk die besten recht 
wohl auskannte, sondern auch, daß keine Demokratie je so wenig Unge- 
rechtigkeiten verübt hat (es gab deren dennoch nur zu viele) und zu so 
wenig Grausamkeiten verführt worden ist, als die athenische, welche selbst 
in ihrem Falle noch mancher ehrenwerthen Handlung fähig blieb. 
Perikles führte auch den Sold bei den athenischen Kriegern ein und 
zwar einen sehr hohen; es war auch nur billig, daß der reiche Staat 
seinen Vertheidiger belohnte. Der Sold eines Schwerbewaffneten betrug 
täglich wenigstens 4 Obolen, so daß auch der arme Bürger die volle 
Rüstung anlegte, was früher nur der vermögliche thun konnte, und es 
war eine natürliche Folge der perikleischen Einrichtung (mit 1½ Obol
	        
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