Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

142 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. 
konnte damals ein Mann leben), daß der ärmere Bürger gerne auszog 
und der kriegerische Geist der armen Bevölkerung gesteigert wurde, so- 
wie diese nun auch eine Hauptstütze der demokratischen Verfassung wurde 
und dieselbe immer wieder herstellte, wenn sie einmal durch Gewalt be- 
seitigt worden war. 
Kunstblüte. 
Einen beträchtlichen Theil des Staatseinkommens verwandte Perikles 
auf öffentliche Bauten, durch welche er Athen verschönerte. Besonders 
war es die Burg (Akropolis), das attische Heiligthum, die er durch dee 
Schöpfungen aller Kunst zu einem wahren Weltwunder machte. Sie 
stand auf einem hohen Kalkfelsen, an dessen Fuße eine starke Quelle 
(Ennearhunoi, die neun Röhren) entspringt. Auf diesen Felsen führte 
eine breite Treppe von Marmor in mehreren Absätzen, welche erst in der 
Treppe zu der von König Ludwig von Bapyern erbauten Walhalla ihres 
Gleichen gefunden hat. Ein Säulenthor von glänzendem Marmor mit 
fünf hohen Durchgängen, zu beiden Seiten mit marmornen Seitengebäu- 
den verbunden (Propyläen), empfing den Heraufsteigenden; Baumeister 
war Mnesikles, und dieses einzige Werk kostete 2012 Talente! Auf 
der Höhe der Burg stand das Parthenon, der Tempel der Schutzgöttin 
Pallas Athene; er hatte die Form eines länglichen Vierecks, welches eine 
Halle umgab, die auf prächtigen Marmorsäulen ruhte. Die Bildsäule 
der bewaffneten Göttin war 36 Fuß hoch und aus Gold und Elfenbein 
von dem Meister Pbidias gearbeitet, ein bewundertes Werk der Bild= 
hauerkunst. Eine andere kolossale Bildsäule der Göttin, von Phidias 
aus der marathonischen Siegesbeute gegossen, stand auf dem höchsten 
Punkte der Burg, so daß sie meilenweit vom Lande und der See her 
gesehen wurde. Andere Tempel (z3. B. der des Erechtheus) und Heilig- 
tbümer nahmen den Burgraum ein, der nicht für die Prozessionen srei- 
gelassen war. Trotz der vielfachen Zerstörung, welche sich an diesem 
herrlichsten Kunstwerke des Alterthums abmühte, trotzdem, daß die Türken 
die Akropolis zur Festung machten und nach ihrer Weise in den Trüm- 
mern hausten, ungeachtet des Schadens, den die Beschießung des Vene- 
tianers Morosini anrichtete, der sie 1687 den Türken abnahm, den Räu- 
bereien des Lords Elgin, der türkischen Belagerung von 1827, wo die 
Neuhellenen die Festung vertheidigten, stehen noch die meisten der herr- 
lichen Säulen, und sind noch Reliefe vorhanden (viele sind durch Elgin 
nach London gekommen, ein beträchtlicher Theil mit dem Schiffe, das 
sie fortbrachte, untergegangen), welche unsere Künstler als Muster siu- 
dieren. Perikles ließ außer der Akropolis aber noch eine Menge anderer 
Gebäude aufführen, z. B. das Odeon zur Aufführung der Gesänge, zum 
Theil aus der Beute von Salamis, das Theater des Bacchus, Gymna-
	        
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