Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Perikles. 143 
sien, Brunnen, Hallen, Bäder u. s. w. Solche Werke besaß Athen, 
während die Privatwohnungen (zu Perikles Zeit ungefähr 10,000) klein 
und unansehnlich blieben, so daß sich der Fremde in Athen zuerst ver- 
wundert umschaute und das herrliche Athen suchte. Perikles Prachtbau- 
ten gaben der armen Bevölkerung, welche nicht auf der Flotte oder in 
dem Heere diente, ungemein vielen Verdienst; Fuhrleute, Lastschiffer, Stein- 
brecher, Maurer, Steinmetzen, Marmorschleifer u. s. w. hatten vollauf zu 
thun, nicht minder fanden die Künstler: Erzgießer, Bildhauer, Maler, 
lohnende Beschäftigung. So vertheilte sich ein großer Theil der Millio- 
nen aus dem Staatsschatze unter die athenische Bevölkerung, immer aber 
bleibt es doch ein wahres Wunder, wie ein Volk, das über diese Schätze 
ganz zu seinen Gunsten hätte verfügen können, eine derartige Verwen- 
dung derselben gut hieß und sich deren freute. Allerdings fiel der Glanz 
der öffentlichen Werke auch auf jeden einzelnen Bürger zurück und der 
Gemeingeist, der sich in ihnen offenbarte, mußte den Ruhm des atheni- 
schen Volkes über ganz Griechenland verbreiten; aber dies allein hätte 
doch wohl nicht hingereicht, den gemeinen Athener vergessen zu machen, 
daß diese ungeheuren Summen in seine Hände kamen, wenn er nur 
ernsthaft wollte, es ist nur erklärlich aus dem Kunstsinne, welcher das 
ganze Volk durchdrang und von Perikles genährt wurde. So war Pe- 
rikles zwar nicht der Schöpfer, aber doch der hauptsächlichste Beförderer 
der griechischen Kunst, daher diese unter ihm ihr goldenes Zeitalter hatte. 
Athen wurde durch ihn eine wahre Pflanzschule der Kunst, die sich in 
rascher Entfaltung über andere griechische Städte verbreitete; athenische 
Künstler wurden in andere Städte berufen, so war z. B. die Statue des 
Zeus im Tempel zu Olpmpia, welche im Alterthume als das erhabenste 
Werk der Bildhauerei galt, ein Werk des Phidias, und fremde Künstler 
wanderten nach Athen, um sich an den dortigen Meisterstücken und in 
den dortigen Werkstätten auszubilden. 
Bedeutung des athenischen Theaters. 
Es ist schon gesagt worden, daß Perikles Odeen und Theater baute, 
Anstalten, welche für den Hellenen, namentlich den Athener, eine viel 
Zrößere Bedeutung hatten, als ihnen bei uns zukommt. Sie ergötzten 
und unterhielten nicht allein das Volk, sie bildeten dasselbe auch in viel- 
facher Beziehung. Die Gesänge waren von den ersten Dichtern, die 
miteinander wetteiferten, geschaffen, und von den besten Tonkünstlern mit 
Melodieen versehen; das Gemeine und Mittelmäßige wurde da nicht ge- 
duldet oder wagte sich gar nicht hervor. Der Gesang feierte die Götter, 
den Ruhm der Stadt, die Thaten der Vorfahren aus der ältesten Zeit 
wie derer, welche der Persermacht entgegengetreten waren; er erfreute 
nicht allein durch kunstvolle Harmonie in Wort und Ton, sondern mahnte
	        
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