Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

144 Perser und Griechen. Europas Sieg über Afien. 
zugleich an die waltenden höheren Mächte, erinnerte an die Väter, deren 
Erbe nun die Enkel beglückte, und spornte sie zu edler Nacheiferung. 
In Athen erstanden auch die größten Meister der tragischen Kunft: 
Aeschylus, Sophokles und Euripides. Aeschylus focht tapfer in der sa- 
laminischen Schlacht, Sophokles führte als einer der schönsten Jünglinge 
den Siegesreigen an und Euripides erblickte das Licht der Welt an se- 
nem großen Tage. Diese Tragiker waren für die Griechen in mancher 
Hinsicht die Nachfolger des Homer, indem sie ihre Stoffe aus diesem 
und der alten Heldensage schöpften und gleich den homerischen Gesängen 
die Furcht vor der waltenden Macht der Götter lehrten, vor Uebermuth 
warnten, der dann zu Falle kommt, wenn er am sichersten zu stehen 
wähnt. Frömmigkeit, edle Sitte, ehrfurchtsvolles und dankbares An- 
denken an die Vorfahren, geheiligte Liebe zu der Vaterstadt — fanden 
in diesen Tragikern, besonders in dem weisen und erhabenen Sophkles, 
nicht minder ausgezeichnete Herolde, als der alten Heldentugend in Ho- 
mer zu Theil geworden war. In dem athenischen Theater trat die Ge- 
schichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, 
sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von wel- 
cher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich 
in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als leben- 
dige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das 
Theater den höchsten Schwung der Peesie in der edelsten Sprache auf, 
und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich harmonisch zusammen- 
wirkend Plastif, Gesang und Musik, so daß das athenische Thcater zu 
der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und 
nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürger- 
volke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten 
Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das 
Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vorzeigung eincs Täfelchens. Wer 
dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des 
athenischen Theaters und verwechselt dasselbe mit den Schaubühnen un- 
serer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß 
unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem 
Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine 
andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere 
Athen durch seine Theaterwuth berüchtigt, die so weit ging, daß man 
die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte be- 
stimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer 
will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete 
und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen 
seine höchsten Interessen verblendcten? Geschah doch Aehnliches mit den 
feierlichen Processionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Auf-
	        
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