Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

146 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. 
einzugestehen, die neueste Zeit aber mit ihren Entdeckungen der Europäer 
in der Länder= und Völkerkunde Asiens gewährt dem Forschungsgeiste 
Herodots ein glänzendes Zeugniß und seiner Wahrheitsliebe die früher 
vielfach versagte Anerkennung. Auch er feierte in Olpmpia seinen Triumph, 
als er aus seinen Musen (so betitelt er die neun Bücher seines Ge- 
schichtswerkes) den versammelten Griechen vorlas und sie die Freude 
über ihren nationalen Ruhm durch den Beifall laut werden ließen, mit 
dem sie den Erzähler überhäuften. Herodot wandte sich nach Athen, 
Griechenlands erster Stadt, und von Athen zog er mit athenischen Ko- 
lonisten nach Thurii in Unteritalien, wo er sein Geschichtswerk vollendete. 
Als er in Olpmpia die Griechen entzückte, entstürzten den Augen 
des athenischen Jünglings Thukydides heiße Thränen, erzählen spätere 
Schriftsteller. Gerade so geschah es nun wohl nicht, aber das Beispiel 
Herodots eiferte den in den Geschäften des Kriegs und des Friedens 
wohl erfahrenen Thukydides an, den Griffel der Geschichte ebenfalls in 
die Hand zu nehmen. Ihm war es aber nicht vergönnt, wie Herodot 
den Aufschwung von Hellas zu beschreiben, er bekam vielmehr die Auf- 
gabe, den Fall seines Volkes darzustellen. Er erfüllte dieselbe, ohne daß 
er in Haß oder zorniger Wehmuth das Volk und dessen Führer anklagt, 
obwohl er selbst durch ihre Leidenschaft getroffen wurde; mit nüchterner 
Besonnenheit erforscht er die Ursachen und den Gang der wechselvollen 
Ereignisse und erzählt sie mit der Würde, welche Wahrheit und stttlicher 
Ernst verleihen, denn er wollte in der Geschichte des peloponnesischen 
Krieges, dessen Bedeutung er augenblicklich erkannte, kein Werk geben, 
das ihm die Gunst und die Bewunderung der Zeitgenossen erwerbe, 
sondern der Nachwelt ein Besitzthum stiften; so bat er der athenischen 
Demokratie ihr Monument gesetzt, in welches er die Großthaten und 
Fehler dieses Volkes mit unverwischbaren Zügen eingegraben hat. 
Und neben ihm dürfen wir den Aristopbanes, den Mocister der alten 
Komödie, nicht übergehen; denn dieser geißelte mit einer Kühnheit, die 
kein anderes Volk ertrüge, das Treiben seiner Mitbürger, ihren Neid 
gegen das Verdienst, ihre Neugier und ihren Leichtsinn, ihre Genußsucht 
und Verschwendung, ihre Hingebung an Schmeichler und Verführer, 
von der sie keine Enttäuschung heilen konnte; er verschont auch keinen 
hochstehenden Mann und züchtigt die reichen Bürger nicht minder mit 
der Geißel des Spottes als die armen, welche der Obolussold in die 
Volksversammlungen und auf die Gerichtsbänke trieb.
	        
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