Der peloponnesische Krieg. 147
Elstes Kapitel.
Der peloponnesische Krieg (431 — 404).
Der Ausbruch durch Korinth veranlaßt.
Die Unterwerfung und Bestrafung von Samos hatte die Bundes-
genossen Athens wohl erschreckt, doch der Gedanke an Abfall zu günsti-
zer Zeit blieb in ihren Gemüthern eingewurzelt; es lag eben im Cha-
rakter des Griechen, daß keine Stadt, auch die kleinste nicht, einer andern
länger gehorchte, als sie mußte. Auf der andern Seite sahen die Spar-
taner mit stillem Grimme den Glanz der jonischen Stadt, ihrer glück-
lichen Nebenbuhlerin; aber es war nicht ihre Weise, vorschnell zum
Schwerte zu greifen, sie warteten ruhig ihre Zeit ab. Diese kam noch
viel früher, als der euböische Frieden (445 v. Chr. auf 30 Jahre ge-
schlossen) abgelaufen war.
Korinth, als Handelsstadt mit Athen wetteifernd und von demselben
unter Mpronides gedemüthigt, war mit seiner Tochterstadt, dem mächti-
gen Kerkpra, wegen Cpidamnos (unter den Römern das wichtige Dyrr-
hachium, jetzt Durazzo) in Streit gerathen (434), und die Kerkpräer
riefen Athen um Hilfe an, als Korinth mit aller Anstrengung rüstete.
Vergebens sprachen die Korinther den Athenern das Recht ab, sich in ihren
Streit mit den Kerkyräern zu mischen; Athen nahm Kerkpra in seinen
Bund auf und schickte einige Kriegsschiffe ab, welche die Korinther hin-
derten, für die frühere Niederlage an den Kerkyräern Rache zu nehmen.
Die Korinther bewirkten nun, daß Potidäa, ihre Kolonie in der Chal-
kidike, seit dem Perserkriege mit Athen verbündet, von dieser Stadt ab-
fiel und unterstützten sse. Die Athener schlugen aber die Potidäaten und
schlossen die Stadt zu Land und See enge ein. Nun wandten sich die
Korinther nach Sparta und verklagten die Athener; von anderen Städ-
ten wurde diese Klage öffentlich und heimlich unterstützt und die Spar-
taner aufgefordert, den Griechen die Freiheit wiederzugeben. Nach lan-
gem Besinnen entschieden sich die Spartaner und ließen die Athener durch
Gesandte auffordern, die griechischen Städte und Inseln freizulassen.
Athens Macht.
Auch die Athener bedachten sich wohl, bevor sie zu festem Ent-
schlusse kamen; Perikles aber bestimmte sie, es auf den Krieg ankommen
zu lassen, indem er ihnen die Grundlagen ihrer Macht und ihre Hilfs-
quellen vor Augen stellte. Gegen 1000 Städte zahlten Tribut, und
dieser war das Haupteinkommen des Staates; fiel der Tribut weg, so
war es um die athenische Seemacht gescheben, dann hatten auch die gro-
Hen Bauten, der Bürgersold, alle Herrlichkeiten und Vortheile ein Ende,
an welche das Volk bereits gewöhnt war. Ließ Athen die Bundesge-
10“