Die griechischen Philosophen und Sophisten. 171
dem Volke seinen Spaß, that was er wollte, wenn er ein Kommando
hatte, beleidigte die Bundesgenossen, dies alles hatte Alkibiades auch
gethan, aber während Chares nichts ausrichtete und nur verdarb, was
Ipyhikrates, Timotheus und Chabrias ausgeführt, war Alkibiades den
Feinden Athens furchtbar gewesen.
So zeigte es sich offenbar, daß Athen nicht minder als Sparta
die Nerven der alten Kraft verloren hatte, obwohl Griechenland von
streitbaren Männern noch wimmelte. Das Volk ist nicht mehr da,
welches so Großes dachte und ausführte, mit Griechenlands nationaler
Größe geht es offenbar zur Neige. Seine Helden wurden immer sel-
tener, auch seine hohe Poesic verstummt, desto mächtiger aber schafft und
zerstört die griechische Philosophie, welche ein Theil des großen Erbes
ist, das Griechenland der Nachwelt hinterließ.
Vierzehntes Kapitel.
Die griechischen Pbilosophen und Sophisten.
Die Griechen Asiens standen in lebhaftem Verkehr mit den alten
Völkern dieses Erdtheiles und mußten zugeben, daß die religiösen Ein-
richtungen dieser Völker in eine viel frühere Zeit zurückgeben als selbst
die hellenischen Mythen reichen, daß die ägyptischen und babylonischen
Könige früher auf der Welt gewesen als die olpmpischen Götter, wenn
die Genealogieen derselben als Maßstab angelegt wurden. Alle Griechen,
die in solche Berührung kamen, schloßen sich darum an die Religion
der Asiaten an und bequemten sich willig zu deren Annahme, die Kennt-
niß der Götter so wie ihr Dienst sei von diesen alten Völkern zu den
Griechen gekommen und habe bei ihnen einige Abänderungen und Miß-
verständnisse erlitten. Scharfsinnige Männer erkannten aber wohl, daß
die mit einander verschmolzenen Religionen eigentlich doch verschiedene
seien, daß der griechische Zeus ein ganz anderer Gott sei als der ägyp-
tische Ammon, und der dorische Apollo ein anderer als der Baal in
Babpylon und Tyrus u. s. w.; es entging ihnen nicht, daß jedes Volk
sein Land zum Schauplatz der Thaten der Götter machte und deren
Walten auf dasselbe beschränkte; diese Widersprüche führten sie zu der
Ueberzeugung, daß von den widersprechenden Mythen der Griechen und
der alten Völker die eine so wenig eine wirklich geschehene Sache be-
richte als die andere, sondern daß alle Poesieen seien, zu welchen sich
die Gedanken der Völker über den Ursprung der Dinge gestaltet hatten.
Zu dieser Ueberzeugung kamen sie um so leichter, wenn sie den Unter-