172 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asten.
schied der Volksreligion und der Priesterreligion betrachteten; kein
ägyptischer Priester hielt den Apisstier für einen wirklichen Gott, wohl
aber das ägpptische Volk; der Priester stellte in dem Apis ein Symbol
der Sonne auf, welche die Erde befruchtet, das Volk dagegen sah in
ihm eine neue Erscheinung seines Gottes, ihm wurde das Sypmbol zu
einem Ereignisse, und eine Reihe solcher Symbole und spmbolischen
Darstellungen zur Göttergeschichte. Die griechischen Denker erkannten
es, daß die Religionen der Aegpptier, Babylonier u. s. w. die Bilder
waren, in welchem sich die Gedanken der Völker über die Entstehung
der Welt und deren Erhaltung, über die Bestimmung des Menschen
und sein Verhältniß zu den höheren Mächten aussprachen. Diese
Bilder erhielten ihre vollendete Fassung und Ordnung durch die Priester,
welche bei den alten Völkern einen abgeschloßenen Stand ausmachten;
deßwegen konnten diese Priesterschaften eine Geheimlehre für sich haben,
eine andere öffentliche aber verkünden, ohne daß beide einander wider-
sprochen hätten; die öffentliche stellte eben den religiösen Begriff sinnlich
dar in einer Mythe, einem Symbole, die Geheimlehre aber deutete
das Bild.
Dem Griechen zog keine Priesterschaft Schranken, ihm waren die
Lehren derselben keine heiligen Ueberlieferungen, sondern eine Reihe
uralter Vorstellungen darüber, wie die Welt entstanden ist, besteht und
vergeht; er nahm sich deßwegen die Freiheit, über diese Räthsel selbst
nachzudenken und den Versuch ihrer Lösung ohne Rücksicht auf fremde
und hellenische Religionssysteme anzustellen. Einige dieser Denker fanden
ihre Ergebnisse im Einklange mit den religiösen Mythen oder deuteten
diese so, daß sie mit ihren Meinungen oder Lehren harmonierten, andere
hingegen mußten die Religion ganz bei Seite lassen, wenn sie nicht mit
ihr in Widerspruch gerathen wollten. Die Wirkung aber blieb dieselbe:
die griechische Philosophie ruinierte die griechische Volksreligion, den
alten Glauben.
Die philosophischen Schulen.
Die älteste Philosophenschule war die jonische, und ihr Begründer
Thales aus Milet, ein älterer Zeitgenosse des Solon; nach ihm ist das
Wasser der Urstoff aller Dinge, die sich aus demselben durch Verdich-
tung oder Verdünnung gebildet haben und noch bilden. Sein Lands-
mann Anaximenes überwies dieselbe Rolle der Luft, Pherekpydes dem
Aether und der Erde, Heraklit dem Feuer. Anarimander und Demo-
krit (aus Abdera) nahmen einen leeren Raum an und in diesem ein-
fache Urkörper, Atome, deren Bewegung und Vereinigung nach unwan-
delbaren Gesetzen geschehe, und nach welchen auch wieder ihre Auflösung
und Trennung erfolge. Nach solcher Lehre hat also nichts in der Welt