206 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asten.
weil die Verhältnisse und Bedürfnisse der Zeit ganz andere geworden
waren; die Poesie war Hof= und Kunstpoesie, vorherrschend Sache der
Unterhaltung, die Redekunst Rhetorik, die Geschichtsschreibung sammelte,
ordnete und kritisierte, der Grammatiker aber besorgte gute Abschriften der
Klassiker und versah sie mit Scholien. Ausgezeichnetes dagegen leisteten
die alerandrinischen Gelehrten in der Geographie, Mathematik und
Astronomie. Eratosthenes maß bereits einen Meridiangrad, Hipparch
galt als der größte Astronom des Alterthums und Euklid verfaßte seinen
bis auf unsere Zeit gebrauchten geometrischen Lehrgang. Ebenso be-
rühmt war die medizinische Schule in Alerandrien, wo Hippokrates
wirkte und die Könige den Tisch der Anatomie mit Leichnamen und
sogar mit lebendigen Verbrechern versorgten. Die Bedeutung Aleran-
driens als Sitz der Gelehrsamkeit dauerte noch fort, als Aegypten längst
kein selbständiges Reich mehr war und wurde für das Christenthum von
großer Wichtigkeit.
II. Bas Fyrische Meich der Srleukiden (321—187 v. Chr.).
Antiochia. Seleukia.
Nach der Ermordung des Seleukus (280 v. Chr.) erble sein Sohn
Antiochus I. (Soter) die Länder vom Hellespont bis an den Induue,
demnach die Eroberung des großen Alexander mit einziger Ausnahme
Aegyptens. Seleukus hatte Antiochia am sprischen Orontes gebaut und
zur Hauptstadt seines großen Reiches erhoben. Dieses Antiochia wurde
in jeder Hinsicht die Nebenbuhlerin Alerandriens und blieb Jahrhunderte
lang die erste Stadt Asiens. Aber es lag als Residenz von dem Mittel-
punkte des Reiches zu weit entfernt und der Aufenthalt der Seleukiden
in dieser Stadt war gewiß viel schuld, daß sich dieselben so gerne in
die europäischen Händel mischten, darüber Innerasien vernachlässigten
und Stück für Stück verloren.
Alerander hatte einst Babylon zur Residenz gewählt, weil er wohl
einsab, daß er von hier aus die inneren Provinzen am besten zu be-
haupten vermöge; Seleukus erbaute, in diesen Gedanken wenigstens
halbwegs eingehend, Seleukia am Tigris, welches eine der volkreichsten
Städte wurde, aber auch wesentlich zur Verödung Babylons beitrug.
Seleukus wollte sein Reich hellenisieren; Vorderasien war es schon
größtentheils durch die alten Kolonieen der Griechen, Innerasien konnte
es aber nur alsdann werden, wenn eine massenhafte griechische Be-
völkerung sich daselbst angesiedelt und mit den Eingebornen lebhaften
Verkehr gepflogen hätte. Wie unendlich viel würde dazu eine Residenzstadt
wie Babylou beigetragen haben! Man denke an das Heer, welches in
Babylon als Garnison gelegen wäre, an den Hofstaat, welcher griechische