Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Noms Erbanung. 219 
Die Kalabrer, Apulier, Bruttier, Messapier u. s. w. in Unter- 
italien gewannen niemals große Bedeutung, weil ihr ganzes Land an 
den Küsten mit griechischen Kolonieen besetzt war; Italien greift über- 
haupt in die Geschicke der Nationen erst durch die Stadt Rom ein, 
welche sich alle diese Völkerschaften unterwarf, die manches Jahrhundert 
ihre Fehden miteinander in einem sehr beschränkten Gebiete ausgefochten 
batten. 
Bweites Kapitel. 
Roms Erbaunng. 
Die Römer erzählen die Erbauung ihrer Stadt, wie sie ihnen aus 
einer uralten Dichtung überliefert worden war, also: 
In der latinischen Stadt Albalonga wurde der König Numitor 
von seinem Bruder Amulius der Herrschaft beraubt und dessen Tochter 
Rhea Silvia zur Vestalin gemacht. Als sie von dem Kriegsgotte Mars 
Zwillingssöhne gebar, Romulus und Remus, wurden diese auf Befehl 
des Amulius in einem Korbe dem ausgetretenen Tiberfluß übergeben. 
Der Fluß aber trieb den Korb an das Land und eine Wölfin, ein dem 
Kriegsgotte geheiligtes Thier, säugte die wimmernden Kinder. So fand 
dieselben ein Hirte Namens Faustulus und erzog sie in seiner Hütte. 
Da wuchsen sie zu starken, kühnen Jünglingen heran, die ihren Muth 
im Kampfe mit Räubern und wilden Thieren erprobten. Als sie das 
Geheimniß ihrer Geburt erfuhren, tödteten sie den Amulius und setzten 
ihren Großvater Numitor wieder in Alba als Fürsten ein; auf ihre 
Bitte schenkte er ihnen den Matz, wo sie ausgesetzt worden waren, und 
sie gründeten dort eine Stadt. Die beiden Brüder gaben nun allerlei 
Leuten Wohnplätze: Hirten, Räubern und heimathlosem Volke. Die 
neue Stadt auf dem palatinischen Hügel wurde nach Romulus Roma 
genannt; als Remus die niedere Mauer höhnend übersprang, tödtete 
ihn der darüber ergrimmte Bruder. 
So macht die Dichtung den Gründer der welterobernden Stadt 
zum Sohne des Kriegsgottes, läßt ihn durch eine Wölfin säugen und 
die jungen Mauern mit Bruderblut bespritzen; die Mythe scheint zur 
Prophezeiung des künftigen Schicksales der Stadt geworden zu sein! 
Als Geburtstag ihrer Stadt feierten die Römer den 21. April 
(Palilia.);; als Jahr nahmen sie (auf die heutige Zeitrechnung zurück- 
geführt, deren volle Richtigkeit jedoch gegenwärtig sehr in Zweifel gestellt 
ist) 753 (oder 754) v. Chr. an. Die Geschichtsforschung unserer Zeit 
stellte der Mpthe gegenüber die Ansicht auf: die sieben Hügel oder Berge
	        
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