12 Die ältesten Bölker bis zur Gründung der Persermonarchie.
Dinge in sich bergen und wieder zu einem neuen, anders gestalteten
Dasein hervorgehen lassen wird.
Die Hindu betrachten sich als das erlesene Volk, das sich von den
andern streng abgeschlossen halten muß und sich mit denselben nicht ver-
mischen darf, wenn es nicht seiner Vorzüge verlustig gehen will. Doch
ist auch unter ihnen selbst eine große Abstufung, und diese Stufen sind
von einander durch unübersteigliche Schranken getrennt; denn Brama hat
die Menschen nicht zu gleicher Würde und zu gleicher Bestimmung ge-
schaffen, sondern schon in den Stammeltern einen Unterschied für alle
Zeiten angeordnet. Er schuf nämlich Braminen (Brahmanas, d. h.
Beter), Ksbatrijas oder Rajahs, Vaisas (Vaisjas) und Sudras. Die
Nachkommen derselben folgen ihren Vätern in allen Verhältnissen des
Lebens und dürfen diese in keiner Weise abändern; daher rührt die Ein-
tbeilung in erbliche Stände oder Kasten, wodurch das Volk mit Insekten
Aehnlichkeit erhält, welche, wie die Bienen, in Königin, Drohnen und
Arbeiter, oder, wie die Termiten, in König und Königin, Krieger und
Arbeiter geschieden sind. Die vornehmste Kaste ist die der Braminen.
Sie sind im Besitze der hl. Bücher, der Vedas, und erklären dieselben
den anderen Kasten. Nach dem Ausspruche der Vedas ist der Bramine
unendlich erhaben über alle menschlichen Wesen, der Herr über die ande-
ren Kasten; auf ihm ruht der Blick und die Gunst der Gottheit, deren
Segnungen nur durch seine Fürbitte den anderen Menschen zu Theil
werden; er ist Priester, Lehrer und Ausleger der Gesetze, Rathgeber der
Fürsten, darf aber auch als Krieger eintreten, und unter gewissen Be-
schränkungen Handelsgeschäfte treiben! er soll wegen eines Verbrechens
nicht bestraft und unter keinen Umständen besteuert werden.
Die Kshatrijas sind die Kaste der Grundbesitzer und Krieger, aus
welchen die Könige hervorgingen. Sie dürfen die Vedas lesen aber nicht
auslegen und lagen früher öfters im Streite mit den Braminen. Diese
Kaste ist größtentheils ausgestorben, und die Stämme, welche von ihr
abstammen wollen, sind wahrscheinlich aus der Vermischung der Kshatri-
jas mit den Sudras entstanden.
Die Vaisjas treiben Handel, Ackerbau und Viehzucht, sind aber
ebenfalls nur in schwacher Anzahl vorhanden, woran theils das Schwert
der Eroberer, theils die Vermischung mit den Sudras Ursache sein mag,
welche Vermischung durch einheimische Unruhen begünstiget wurde, weil
während derselben der Einfluß der Braminen und ihrer Satzungen zu-
rückgedrängt war.
Die Sudras sollen den drei anderen Kasten dienen, doch dürfen
sie auch Ackerbau treiben. Sie sind der zahlreichste Theil der Bevölke-
rung des heutigen Indien, die Ackerbauer und Handwerker, und theilen
sich wieder in unzählige Abtheilungen, da keiner zwei Geschäfte auf ein-