Konnubium der Pledejer und Patricier. 839
konnte. Wie einst Innius Brutus bei der Leiche der Lukretia rief er
nach Rache für das unschuldige Blut; die Plebs empörte sich, der De-
eLempir mußte entsliehen, allein der Senat nahm eher Partei für den
Appius und tbeilte die Entrüstung des Volkes nicht entfernt. Birginins
war aber indessen zum Heere geeilt und brachte es in vollen Aufstand.
Es rückte näher, zuerst auf den Mons sacer, dann auf den Aventin,
die Pekbejerstadt in Rom; die Patricier schickten wieder Abgeordnete wie
zur Zeit des Menenius Agrippa, doch die Plebejer wollten keinen Abge-
ordneten hören, der nicht ein Horatier oder Balerier wäre, weil diese
patricischen Familien als Freunde der Mebejer angesehen wurden. Diese
weigerten sich zu gehen, so lange die Deremvirn nicht abgesetzt wärenz
der Senat widerstrebte, da zogen die Plebejer noch einmal auf den Mons
sacer, und nun mußten sich die Patricier fügen. Die Decemvirn wur-
den abgesetzt, zwei entleibten sich im Gefängnisse, die andern entflohen;
ein Gesetz bestimmte, daß die Provokation an die Centuriengemeinde
nicht nur von den Konsuln, sondern auch von dem Diktator statthaft
sei. Ueberdies bestimmte ein anderes Gesetz, daß die Beschlüsse der Tri-
butkomitien, in welchen die Plebejer entschieden die Mehrheit hatten,
wenn sie, müssen wir ergänzen, von dem Senate angenommen waren,
rechtliche Geltung haben sollten (ut plebiscita populum tenerent).
Nach ihren Urhebern hießen diese Gesetze leges Horatiage Valerise).
Die Verwaltung der Kriegskasse wurde den Konsuln abgenommen und
den zwei Quästoren übertragen, denen früher die Untersuchung von
Mordthaten obgelegen hatte.
Konnubium der Plebejer und Patricier (445 v. Chr.).
Leges Canulejse.
Die tapferen Soldaten, welche fast jedes Jahr einmal auszogen,
um für Roms Herrschaft und Ehre gegen Tusker, Sabiner, Herniker,
Volsker, Aequer und andere waffenkundige Völkerschaften zu streiten,
ertrugen es mit schmerzlichem Unwillen, daß sie alle Gefahren und
Nöthen bestehen und doch in ihrer Heimath keine rechten Bürger sein
sollten. Denn in den 12 Tafeln stand ein Gesetz, welches die Ehe
zwischen Patriciern und Mebejern für rechtsungiltig erklärte; die Ple-
bejer konnten ferner nicht Konsuln werden und keine priesterlichen Wür-
den begleiten. Dies wollten sie nun nicht länger ertragen; sie griffen
aber damit weder den Adel, noch die Religion ihrer Väter, noch ererbtes
Gut an, sondern sie verlangten nur, daß ihren „Ehrenmännern“ das
Recht werde, Aemter und Würden zu begleiten, welches Recht die Pa-
tricier von ihren Bätern ererbt hatten; sie wollten, daß edler Sinn und
edle That jeden Römer zum Edeln machen könne. Dies Verlangen