248 Die Römer.
Die Schuldgesetze. (Lex Licinia de aere alieno, 364. Lex Poetelia, 326.)
Dieser Versuch des Manlius mit der unzufriedenen Plebs die Ver-
fassung zu stürzen, der mit der Vernichtung der Aristokratie, der Patri-
cier hätte enden müssen, trug gewih nisht wenig dazu bei, daß die Pa-
tricier freilich widerstrebend und allmählig nachgaben und den Plebejern
nicht nur die Theilnahme an dem Konsulate einräumten, sondern auch in
die Schuldentilgung willigten und das Ackergesetz zugaben. Die Schul-
dentilgung sollte so geschehen: „von dem Kapital werden die bisher be-
zahlten Zinsen abgezogen und der Rückstand in drei Jahresterminen zu
gleichen Theilen abgetragen.“ Die Gläubiger kamen dadurch allerdings
in Nachtheil; indessen ist zu bedenken, daß das Kapital mit 10 % ver-
zinst werden mußte und jeder nicht bezahlte Zins zum Kapital geschla-
gen wurde, so daß in wenigen bösen Jahren (und der gallische Krieg
brachte deren) ein kleines Kapital zu einer schlechterdings unerschwing-
lichen Schuld erwachsen mußte; wie wäre da zu helfen gewesen V (Bgl.
die Seisachtheia des Solon.)
Später erfahren wir noch einmal einen Ausbruch der Plebejer we-
gen Schulddruckes, worauf das Schuldrecht durch das pötelische Gesetz
(326) gemildert wurde, durch welches der Gläubiger die Befugniß er-
bielt, auf das Gut des Schuldners zu greifen statt auf die Person; doch
hörte die Schuldhaft nie ganz auf. Ein dritter und letzter Ausbruch fand
nach dem dritten samnitischen Kriege statt und die Plebs zog auf den
Janikulus. Wie die Schuldfrage vermittelt wurde, ist unbekannt; so viel
erhielten die Reichen nicht, als die Tribunen angeboten hatten, und eine
zweite Frucht war die lex Hortensia.
Lex agraria (367).
Die Tribunen L. Sertius und Licinius Stolo griffen das Uebel
durch ihr Ackergesetz (lex agraria)) bei der Wurzel an: „Kein Bürger
soll mehr als 500 Jucharte (das römische jugerum maß 28,000 Qua-
dratfuß) von dem Lande, welches dem Staate gehört, besitzen, und kei-
ner soll auf die Staatsweiden mehr als 100 Stück Großvieh und 500
Stück Kleinvieh treiben dürfen.“ Dieser Vorschlag ging trotz des Sträu-
bens der Patricier durch, denn sie hatten bisher fast alles Staatsland in
Erbpacht genommen und waren gewohnt, solche Grundstücke als Eigen-
thum ihrer Familie zu behandeln. Allein durchgeführt wurde das Acker-
gesetz nicht; wenigstens wurden die Plebejer nicht so mit Land ausge-
stattet, daß die alte Grundlage des plebesischen Lebens gesichert geblie-
ben wäre; es gab der besitzlosen Plebejer mehr und mehr, die Herren
selbst beförderten das Uebel, indem sie die kleinen Grundstücke in Ita-
lien an sich kauften und große Güterkomplere schufen, welche sie von