254 Die Römer.
und Hauptleute durch, dann folgte das ganze Heer Mann für Mann,
halb nackt, niedergeschlagenen Blickes. (Im Mittelalter ließen die
Deutschen einen Feind, der sich auf Gnade ergeben hatte, in bloßem
Hemde, mit einem Stabe in der Hand abziehen.) Das war in Jtalien
die größte Schmach, welche einem bestegten Heere angethan werden
konnte, und so war noch kein römisches heimgekehrt! Spät Abends be-
traten die Schandbedeckten die Stadt, versteckten sich in ihre Häuser und
keiner ließ sich sehen. Ueberall war Trauer, aller Schmuck wurde ab-
gelegt, keine Gerichtssitzung mehr gebalten, die ganze Stadt schien aus-
gestorben. Der Senat aber trat zusammen und erklärte den mit den
Samnitern geschlossenen Frieden für ungiltig, weil die Konsuln ohne den
Senat keinen Frieden abschließen könnten. Die unglücklichen Feldberren
wurden den Samnitern auzgeliefert; diese schickten dieselben zurück und
riefen die Götter als Rächer des römischen Treubruches an, und
Pontius bereute jetzt zu spät, daß er den Rath seines Vaters nicht
befolgt batte. Die zornglühenden Römer wuschen ihre Schmach mit
Samniterblut ab und diese mußten um zweijährigen Waffenstillstand
bitten.
Der Krieg von 311—290. Schlachten am vadimonischen See (304),
bei Sentinum (295).
Nach Ablauf der Frist begann der Krieg aufs neue; zu den Sam-
nitern standen nun auch die Tusker, Umbrer, Gallier, Sabiner, Marser,
Peligner; auch die Herniker, Aegquer und Volsker regten sich wieder,
allein sie erhoben sich nicht gleichzeitig und handelten weder unter Einem
Oberbefehle, noch nach Einem Plane wie die Römer. Diese erfüllten
in dem furchtbaren Kriege ganz Mittelitalien mit Mord und Brand;
viele blühende Städte wurden von ihnen zerstört und die unversöhnlichen
Aequer fast ausgerottet. Im Jahre 310 brachen die Römer zum ersten-
male durch das ciminische Waldgebirge in das mittlere Etrurien ein und
und siegten in der mörderischen Schlacht am vadimonischen See, im fol-
genden Jahre bei Perusia, worauf die meisten Städte Etruriens Waffen-
stillstand abschlossen.
Entschieden wurde der Krieg 295 durch die große Schlacht bei
Sentinum in Umbrien. Hier standen Samniter, Tusker und Gallier
den Römern gegenüber; es war ein heißer Sommertag und die gallischen
Reiter brachten die römischen Reihen Iin Unordnung. Da opferte sich
der andere Konsul Decius Mus dem Tode, wie einst sein Vater am
Vesuv gethan hatte, und wie damals erfochten nun die Römer einen
herrlichen Sieg: 25,000 Feinde deckten die Walstatt, 8000 wurden ge-
fangen. Zwar leisteten die Samniter noch einige Jahre Widerstand in
ihren Bergen; als aber ihr Feldherr Pontius gefangen, zu Rom im