Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Indien. 17 
Missionen, welche von den vielnamigen protestantischen Parteien mit 
einem erstaunlichen Aufwande von Geldmitteln betrieben werden, aber 
einen sehr geringen Erfolg haben, mehr, indem sie dieselben gewähren 
läßt, als durch Geldopfer, und keineswegs durch Beschränkung der Thä- 
tigkeit der Braminen, Fakire und der mohammedanischen Eiferer. 
Das Sanskrit. 
Das braminische Volk ist keine Nation mehr, es besteht noch unter den 
Nationen unserer Tage gleichwie unter den Bauwerken eine Ruine, aus 
welcher die Wissenschaft eine Kunde über alte Zeiten zu gewinnen bemüht 
ist. Die im Volksmunde erloschene Sprache, in welcher die heiligen Bücher 
der Braminen geschrieben sind, das Sanskrit, beschäftigt vorzugsweise 
die Sprachforschung, und der Fleiß und Scharfsinn deutscher Gelehrten 
hat hierin das Ausgezeichnetste geleistet. Es übertrifft an Wohlklang 
und innerer Entwickelung alle andern Sprachen, und ist also für sich 
allein schon ein vollgiltiger Beweis, auf welch' hober Stufe geistiger 
Ausbildung das Volk der Hindu vor seiner geschichtlichen Zeit stand. 
Das Sanskrit zeigt sich mit den cdelsten Sprachen innig verwandt, z. B. 
mit der altpersischen, griechischen, lateinischen, slavischen und unserer deut- 
schen. Als Töchter einer gemeinschaftlichen Mutter bilden sie den sogenann- 
ten indo-germanischen oder arischen Sprachstamm, und beweisen uns, daß 
auch diese Völkerfamilien einem und demselben Urstamme entsprossen sind. 
Alle diese Sprachen benennen nicht bloß Theile des Körpers, sondern auch 
den Acker, gezähmte Thiere, die Geschäfte des Ackerbaues und der Vieh- 
zucht ganz ähnlich, oder die Benennungen sind, wenn auch verschieden, 
doch aus einer gemeinschaftlichen Wurzel genommen; außer den Zahlen 
#nd auch eine Menge Abstrakten gemeinschaftlich in der Form von Ver- 
ben, Substantiven und Adjektiven. Daber dürfen wir mit der größten 
Sicherheit schließen, daß der Slamm, von welchem diese verschiedenen 
Völkerzweige ausgingen und die gemeinschaftliche Ursprache in verschie- 
dener Weise ausbildeten, ein sehr begabter und geistig regsamer war, denn 
bei wilden Volksstämmen finden wir nimmermehr eine solche Sprache. 
Für diese uralte Bildung spricht auch der Ackerbau der Hindu, ihre 
Gartenkunst, und besonders die Geschicklichkeit, mit welcher sie weben, 
färben, Metalle verarbeiten u. s. w., so daß sie darin in einigen Zweigen 
selbst die europäischen Manufakte übertreffen, wie sich dies bei der gro- 
ßen Ausstellung in London (1851) gezeigt hat. Solche Kunftfertigkeit 
ist aber eine von den jetzigen Hindu aus uralter Zeit ererbte, keine im 
Laufe der geschichtlich bekannten Jahrhunderte allmählig ausgebildete. 
Die Urstämme der Menschheit müssen demnach vieles gewußt und er- 
funden haben, und erst die Wanderungen nach entfernten Gegenden, Noth, 
Erschlaffung, Trägheit und besonders blutige Anfeindung unter einander 
Bumüller, Gesch. d. Alterth. 2
	        
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