Der cimbrische Krieg. 299
Achtzehntes Kapitel.
Der cinbrische Krieg (113—101 v. Chr.).
Niederlagen von vier römischen Heeren.
Während Marius in Afrika das Ansehen des römischen Namens
wieder herstellte, wurde Rom durch den cimbrischen Schrecken heimge-
sucht. Die Völker jenseits der Alpen waren in Bewegung; große Heere
streitbarer Männer wanderten und suchten eine neue Heimath; kein Volk
widerstand ihnen und niemand wußte, wohin sich ihr Zug endlich richten
werde. Das waren die Schaaren der Cimbern und Teutonen, Völker
keltischen und germanischen Stammes, die aus unbekannten Ursachen
Cvielleicht vorwärts gedrängt durch Bewegungen im nordöstlichen und
nördlichen Europa) ihre Wohnsitze verlassen hatten und mit Weib und
Kind, Hab und Gut ausgezogen waren. Die belvetischen Tiguriner
schlossen sich an dieselben an, um Raub und Ruhm mit ihnen zu theilen.
Die Römer schickten sogleich ein Heer in die Alpen, welches die Bewe-
gungen der „Barbaren“ (diesen Namen brauchten nun auch die Römer)
beobachten sollte. Der Konsul Karbo üÜberfiel sie treuloser Weise bei
Noreja (in Stelermark), wurde aber empfindlich geschlagen. Nun
wandten sich die Schwärme nach Gallien und plünderten es neun Jahre
lang von der Schelde bis an die Pprenäen. Nach einander schlugen
sie in Gallien vier römische Heere, unter ihnen zwei konsularische am
Rhonefluß; 80,000 Römer wurden niedergemacht, Rosse und Zugvieh
erschlagen, das Gepäck verbrannt oder in den Fluß geworfen; solches
Opfer hatten die Cimbern und Teutonen ihrem Kriegsgotte gelobt (105).
Die erschrockenen Vornehmen gaben es gerne zu, daß der abwesende
Marius wieder zum Konsul gewählt und diese Wahl noch dreimal er-
neuert wurde. Zum Glücke für Rom benutzten die Feinde ihre Siege
nicht sogleich zu einem Einfalle nach Italien, und Marius fand Zeit ein
starkes Heer zu werben, dasselbe einzuüben und an strenge Kriegszucht
zu gewöhnen. Cimbern und Teutonen trennten sich endlich (wahrschein-
lich fanden die Völker auf einer Heerstraße nicht hinlänglichen Raum für
ihre unzähligen Karren, in der Landschaft zunächst des Heerwegs nicht
Futter genug für ihre Pferde und ihr Zugvieh, und nicht hinreichende
Nahrung für die Menschen), nachdem sie einen doppelten Einbruch nach
Italien verabredet hatten; die Teutonen wollten über die niederen See-
alpen oder die grajischen ziehen, die Cimbern aber wandten sich öfllich,
um durch die tprolischen Pässe in Italien einzufallen. Marius zog gegen
die Teutonen in Gallien und machte seine Soldaten allmählig mit der
Fechtweise der Feinde vertraut; dann vernichtete er sie in der Schlacht
von Aquä Sextiä (Air, 102).