Der Seeräuberkrieg. Neuer Krieg gegen Mithridates. 309
stärkten sich so, daß sie mit förmlichen Flotten kreuzten und in Kilikien,
ihrer ersten Heimath, sowie auf Kreta feste Plätze einnahmen, in denen
sie ihren Raub bargen. Da entschloßen sich die Römer zum Ernste; der
Volkstribun Gabinius machte den Antrag, daß dem Pompesus der Ober-
befehl über 200 Schiffe und alle Küsten des mittelländischen Meeres auf
drei Jahre übergeben werde; ferner daß derselbe über Truppen, Geld und
Lebensmittel nach seinem Gutachten verfügen könne. Das Volk nahm
an und Pompejus erfüllte seinen Auftrag glänzend. In vierzig Tagen
reinigte er das Meer von den Niraten, binnen drei Monaten nahm er
ihre Raubnester weg, versetzte 20,000 Gefangene in das innere Land
und machte sie zu Bauern. Die Insel Kreta, welche bei dem Unwesen
besonders betheiligt war, unterwarf er Rom (66).
Neuer Krieg gegen Mithridates (74—63 v. Chr.).
Lukullus (73—07).
Während Sertorius und Spartakus die römischen Heere beschäftig-
ten und die Seeräuber noch das Meer beherrschten, entbrannte der dritte
pontische Krieg (den zweiten unbedeutenden, 84—82, hatte Sullas Feld-
berr Murena beendigt). Der König Nikomedes III. von Bithpnien hatte
die Römer zu seinen Erben eingesetzt, allein Mithridates nahm Bithy-
nien in einem raschen Angriffe weg und drang bis Chalkedon vor (74).
Da schlug er zwar den Konsul Kotta, doch das Glück verließ den alten
Römerfeind bald wieder. Von Lukullus bei Kyzikus (73) besiegt, verlor
er eine Stadt um die andere und floh endlich zu seinem Schwiegersohne
Tigranes, dem Könige von Armenien, der sich kaum vorher Syriens
bemächtigt hatte, des schwachen und unruhigen Seleukidenreiches. Stolz
verlangte Lukullus die Auslieferung des Flüchtlings, und als sie ver-
weigert wurde, siel er in Armenien ein. Bei der Hauptstadt Tigrano=
certa kam (6. Okt. 69) das zwanzigmal kleinere Heer der Römer im
Augesichte des Königs und seiner Schaaren an. Dieser sah sie durch die
Ebene vorrücken und rief mehrmals voll Erstaunen: „gegen uns wagen
es diese Leute!“ und der eine und andere seiner Pascha bat sich die
Gnade aus, die dreisten Feinde niedermachen zu dürfen. Aber die Römer
drangen in geschlossenen Gliedern ein, mit dem kurzen schweren Schwerte
sprengten sie die königlichen Schaaren und streckten die Asiaten zu Tau-
senden nieder. Tigraues warf sein Diadem weg und floh; auch Mithri-
dates rettete sich aus der Schlacht. Lukullus konnte jedoch den Krieg
nicht beenden, denn seine Soldaten, die ihn nicht liebten, weigerten sich
weiter zu gehen, weil ihre Dienstzeit abgelaufen sei. Er kehrte (67)
mit unermeßlichen Reichthümern nach Rom zurück, triumphierte und lebte
in behaglicher Ruhe als ein kunstliebender und uppiger Römer.