Oie Berschwörung des Katilina. Cicero. Kato. 311
Einundzwanzigstes Kapitel.
Die Verschwörung des f. Tergius Katilina (65—62 v. Chr.).
Cicero, M. Porcius Kato.
Das römische Volk hatte sich seit den Zeiten des Sulla nicht ge-
bessert; das gemeine Stadtvolk war ein Pöbelhaufe ohne Tugend, der
sich von den Vornehmen füttern und durch Schauspiele aller Art ergötzen
ließ, dem Kriegsdienste ebenso abgeneigt wie der Arbeit; weil es aber
noch immer die höchste Gewalt auf Erden, große Kriegsheere und den
Befehl über ganze Länder in die Hand einzelner Männer geben konnte,
buhlten diese um seine Gunst und verdarben es noch mehr. Hierin
wetteiferten nach einander Lukullus, Krassus und Pompejus, und seitdem
ganz Italien bis zum Rubikon und Makra mit dem Bürgerrechte be-
schenkt war, eilten gerade die arbeitsscheuen und kecken Leute nach Rom,
um die Gaben der großen Volksmänner mitzugenießen. Rom war um
diese Zeit wirklich eine sonderbare Republik; die souveräne Bürgerschaft
wohnte über ganz Italien verbreitet, und dennoch entschieden die Bürger-
versammlungen in Rom, zu welcher sich unmöglich alle Bürger aus Ita-
lien einfinden konnten, und gerade die am wenigsten, welche arbeiten
wollten. Das verdorbene Volk in der Stadt und deren nächster Um-
gebung ertheilte nach Laune verfassungswidrige Gewalten, und noch
weniger kümmerten sich die Großen um die Verfassung, sobald diese
ihrem Ehrgeiz im Wege stand. Wie sollte ein römischer Feldherr, der in
der Provinz mit unbeschränkterer Macht als ein König schaltete, den
römischen Gesetzen sich als ein Privatmann fügen? Dem Ehrgeize der
Feldberren, der Niederträchtigkeit des Volkes stemmten sich zwei Männer
entgegen, welche durch den Adel ihrer Gesinnung für alle Zeiten ehr-
würdig sind: M. Tullius Cicero aus Arpinum (geb. 106), dem Vater-
orte des Marius, und M. Porcius Kato (geb. 95).
Cicero bildete sich als Knabe und Jüngling mit unermüdlichem
Eifer aus, um einst als Redner, Rechtsgelehrter und Staatsmann auf-
treten zu können. Als er das gesetzliche Alter erreicht hatte, bewarb er
sich um die höheren Staatsämter und wurde Quästor, Aedil und Prä-
tor. Einen großen Namen erwarb er sich durch seine Reden; er ver-
theidigte Angeklagte oder trat als Ankläger auf und sprach für Gesetzes-
vorschläge. So wurde er einer der angesehensten Männer, obwohl er
weder Ahnen noch ein glänzendes Vermögen besaß.
Mit ihm wetteiferte Porcius Kato, aus vornehmem Geschlechte ab-
stammend. Er war Volkstribun und Prätor; als Senator unterstützte
er jede Maßregel, die er dem allgemeinen Wohle förderlich hielt: er