Die Provinzen. Ausbreitung der römtschen Kultur 2c. 335
Orte gewesen zu sein, wo an bestimmten Tagen von den Dummvirn
oder dem Präfekten der Bezirksstadt Gericht gehalten wurde; sie hatten
wahrscheinlich keine höheren Magistrate und nur Dekmionen (Gemeinde-
räthe, zugleich Steuereinzieher). Die Municipien hatten, wie früher
gesagt worden ist, ihre Komitien, ihren Senat (deouriones), dessen
Präsidenten die duumviri oder quinquennales, in den Präfekturen die
praefecti waren; diese übten auch die Gerichtsbarkeit; die niederen
Magistrate waren die aediles und qduaestores. (Alle diese Titel fin-
den sich häufg, wo Reste ehemaliger römischer Niederlassungen ausge-
graben werden.)
Ausbreitung der römischen Auliur; Vernichtung der Nationalitäten.
Unter Augustus und dessen nächsten Nachfolgern wurden die Pro-
vinzen des Westens und die nördliche Küste von Afrika (Aegypten und
Kprene ausgenommen) eigentlich römisch; sie gehorchten nicht bloß den
von Rom ausgehenden Geboten des Cäsars, sondern ihr ganzes Wesen
wurde in das römische aufgelöst: Religion, Sitte, Sprache, Lebens-
weise, alles Nationale hörte auf. Die Völker in den helovetischen, rhä-
tischen und norischen Alpenthälern, die Gallier, Hispanier, Britannen,
Numidier und Punier widerstanden dem Andrange des remischen We-
sens so wenig, als sie der römischen Waffenmacht sich hatten erwehren
können. Auch in dieser Beziehung hat es kein Volk dem römischen
gleich gethan; keines entwickelte aber auch die furchtbare Energie der
Römer und nahm hinwieder gewisse fremde Elemente so in sich auf, als
die cäsarischen Römer. Durch ihre schonungslose Kriegführung vertilg-
ten sie jedenfalls die kräftigste Mannschaft eines Volkes, vielmal gaben
ihre Feldherren selbst das wehrlose Volk, Weiber und Kinder, der Wuth
der Soldaten preis oder verkauften es wenigstens in die Sklaverei. So
wurde jede Nation geschwächt oder ihr Land öde, alsdann aber drängte
sich römische oder italische Bevölkerung massenhaft und einzeln in den
freigewordenen Raum. Römische Besatzungen wurden in die bedeutend-
sten Orte gelegt, deren Einwohner gerne oder ungerne sich der römischen
Weise anbequemen mußten; denn der Statthalter brachte ein zahlreiches
Gefolge mit, welches sich Patz und Geltung zu verschaffen wußte. Rö-
mische Kolonieen ergänzten die Bevölkerung herabgekommener Orte oder
wurden als neue Städte an militärisch wichtigen Punkten angelegt, welche
der Scharfblick der Römer bald herausfand.
Außerdem wanderten Römer anderen Schlages ein, solche, welche
in dem neuen Lande ihr „Glück“ zu machen gedachten. Der Publikane
pachtete Abgaben, Zölle und Zehnten und spekulierte nebenher als Güter-
händler; denn reiche Römer legten ihre Kapitalien immer gerne auf
Grundbesitz an und kauften sich Landgüter in den Provinzen, wenn keins