338 Das Reich der Cäsaren.
NBas goeld##ne Fritalter der rämischen Kiteratur.
Die Kunst — der Römer.
Unter allen Völkern des Alterthums sind Griechen und Römer ihrer
Gesammtanlage nach die nächsten Verwandten, wie auch erwiesenermaßen
der große pelasgische Volksstamm sich über Unter= und Mittelitalien
ausbreitete. Wie ähnlich ist nicht in vielfacher Hinsicht die politische
Entwicklung dieser beiden klassischen Völker! Beider Geschichte beginnt
mit dem heroischen Königthume, mit dem eine Aristokratie der Geschlech-
ter die höchste Gewalt theilt; die Monarchie macht der Aristokratie Platz
und diese der Demokratie, welche, indem sie alles gleich macht, der neuen
Monarchie den Boden ebnet. Das griechische Leben verzehrt sich aber
schneller als das römische, denn es ist viel reger; bei schneidender
Schärfe des Verstandes ist der Grieche zu leidenschaftlich, für alle Reize
des Lebens zu empfänglich, als daß er einen Plan mit solcher Ausdauer
zu verfolgen vermöchte, wie der kältere Römer; dieser ist darum auch
der bessere Politiker. Das unter Alerander dem Großen vereinigte Grie-
chenland unterwarf Asien und durchdrang es mit seinem Wesen, aber
wie sich das freie Griechenland zersplitterte, so zerfiel auch Aleranders
Reich in Königreiche, die sich anfeindeten, und so mußte sich die griechische
Welt der strengeinheitlichen römischen unterwerfen.
Der griechische Genius hat aber, während er auf dem Gebiete der
Politik Wunderbares schuf, nach anderen Richtungen noch Größeres her-
vorgebracht; er hatte ein Reich der Wissenschaft und Kunst gegrün-
det, und Griechenland blieb noch deren Heimath, selbst nachdem seine
politische Kraft aufsgerteben war. Die Römer widerstanden der Einwir-
kung der griechischen Kunst und Wissenschaft nicht lange; schon im zwei-
ten punischen Kriege brachte Marcellus aus dem eroberten Syrakus eine
Menge Kunstwerke nach Rom, und wenn der Zerstörer Korinths, Mum-
mius, den Werth der Bilder aus Stein und Erz nicht besser zu taxieren
wußte als ein marsischer oder umbrischer Soldat, so schickte er doch einen
tüchtigen Transport derselben nach Rom, wo es also Leute geben mußte,
welche auf solche Sachen einen sehr hohen Werth legten. Es ist wirklich
überraschend, wie schnell die gebildeten oder vornehmen Römer Kunst-
freunde und Kunstkenner wurden; schon zur Zeit des Sulla gehörten
Kunstwerke griechischer Meister zu den begehrtesten Schätzen, und Verres,
der Erpresser in Sicilien, welchen Cicero anklagte, griff nach ihnen mit
gleicher Gier wie nach den edlen Metallen. Durch die Statthalter in
den griechischen Provinzen wurden vielleicht eben so viele Meisterwerke
den Eigenthümern weggenommen oder abgezwungen, als durch Erobe-
rung und Kauf nach Rom kamen.
Denn eigentliche Künstler wurden die Römer nie; in den guten