344 Das Reich der Cäsaren.
wie der hochgebildete Vedius Pollio wirklich that. In seiner Todesnacht
schlug Kato einen Sklaven für ein Versehen dergestalt in das Gesicht,
daß ihm von dem Schlage die Hand schwoll, und Kato hieß der tugend-
hafteste Römer, er stand an der Schwelle des Todes und las Platons
Phädon! Die Gunst des Herrn brachte dem weiblichen Sklaven Ent-
ehrung, dem männlichen nur größere Gefahr, sobald die Laune des Ge-
bieters wechselte. Tausende von Sklaven, besonders solche, die etwas
verbrochen hatten oder durch Körperkraft und Wildheit gefährlich schie-
nen, wurden zu Gladiatoren gemacht und zu Thierkämpfen, Fechter-
spielen, zu blutigen Darstellungen von Land= und Seeschlachten verwen-
det; das Blut, welches auf diese Weise vergossen wurde, nannte der
Römer vilis sanguis (gekauftes, niederträchtiges Blut). Tädtete ein
Sklave seinen Herrn, so mußten die Mitsklaven ohne Unterschied des
Alters und Geschlechtes sterben; dadurch sollten sie zu Wächtern seines
Lebens gemacht werden. Wie viele Tücke, Bosheit und Verruchtheit ent-
sprang wohl aus der Sklaverei! Alle Räuberschaaren bestanden fast durch-
gängig aus entlaufenen Sklaven: die Strafe der eingefangenen war das
Kreuz oder der Sandboden des Amphitheaters, auf welchen die Bestien
der Wüste aus ihren Käfigen losgelassen wurden. Sogar die Hoffnung
auf eine andere Welt konnte keinen Lichtstrahl in dieses entsetzliche Dunkel
des Sklavenlebens senden; denn theilte der Sklave den Glauben seines
Herrn, so war ihm die andere Welt Thorheit oder wenigstens Ungewiß-
heit, oder er konnte von den Göttern, welche ihn zu diesem Leben ver-
urtheilt hatten, kein viel besseres nach dem Tode erwarten. Es wäre
ungerecht, der Freilassungen nicht zu erwähnen; aber gerade die Wohl-
that der Freilassung wurde in der Regel nur solchen Sklaven zu Theil,
welche als Sekretäre, Köche, Kammerdiener u. s. w. dem Herrn gedient
oder seinen „noblen Passionen“ Vorschub geleistet hatten und dadurch
zu seinen Vertrauten geworden waren, so daß die Freilassung oft der
Preis durchtriebener Schlechtigkeit war; der arme Knecht, der die schwerste
Arbeit verrichtete, durfte an Freilassung selten denken.
Die Provinzialen.
Besser befand sich der Provinziale, auch der im strengsten Unter-
thanenverhältnisse; die Abgaben ließen ihm doch immerhin etwas von
seinem Erwerbe, und wurden ihm seine Söhne weggenommen, so wur-
den sie Soldaten und nicht Gladiatoren. Aehnlich war das Schicksal des
Bürgers; beider Verhältnisse näherten sich unter den Cäsaren mehr und
mehr. Dieser Theil der römischen Menschbeit, besonders die Landbevöl-
kerung, blieb sich am meisten gleich; er hatte nicht Zeit genug, die klas-
sische Ueberbildung in sich aufzunehmen, daher blieb er seinen Göttern
getreu und lebte in seinem Glauben und in seiner Sitte fort, so lang