Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

356 Das Reich der Cäsaren. 
sieren und civilisieren lassen. Also wurden Stationen für die Truppen 
angelegt und befestigt und Heerstraßen gebaut; römische Richter ent- 
schieden zwischen Römern und Eingebornen, die römische Sprache ver- 
drängte die germanische vor Gericht und auf dem Markte; die vornehmen 
jungen Leute wurden nach Rom gezogen und dort der germanischen Roh- 
heit entwöhnt, die vornehme und geringe Jugend wurde für den römi- 
schen Dienst geworben oder geradezu ausgehoben. So waren die über- 
rheinischen Germanen gut römisch geworden, und auch diesseits des Rhei- 
nes machte die römische Civilisation schon große Fortschritte, als der 
edle Cherusker Armin (Hermann) das ganze Werk vernichtete. 
Er war der Sohn des Cberuskerfürsten Sigmar, hatte in dem rs- 
mischen Heere als Hauptmann der cheruskischen Hilfsschaar gedient und 
war von Augustus mit der Ritterwürde geehrt worden. Im römischen 
Dienste hatte er die Kriegskunft und die römische Arglist durchschaut; 
beide Waffen kehrte er nun gegen die Römer selbst. Er verschwor sich 
mit Fürsten und Edlen, welche gleich ihm die Römer haßten; auf das 
Volk durften sie sicher rechnen, denn dieses war keineswegs so nieder- 
trächtig, um sich das Römischwerden so leicht gefallen zu lassen. Varus 
wurde von Segest, einem Feinde der sigmarischen Familie, gewarnt, doch 
der Römer hielt die Warnung des Segest nur für eine Aeußerung sei- 
nes Hasses gegen Armin und traute allen Barbaren mit einander nicht 
so viel Verstand zu, um einen Römer zu überlisten; er lief verblendet 
in sein Verderben. Der Verabredung gemäß empörten sich einige Volks- 
stämme an der Weser, und Varus zog noch im Herbste mit 3 Legionen, 
6 Kohorten und 3 Reitergeschwadern gegen sie aus, um den Brand in 
seinem Entstehen zu unterdrücken; Armin und die verschworenen Fürsten 
versprachen, auf dem Marsche mit ihren Leuten zu den Römern zu sto- 
Fßen. Varus zog vorwärts; einzelne voreilige Feindseligkeiten, deren sich 
die ergrimmten Eingebornen nicht zu enthalten vermochten, hielt er für 
Raubanfälle und drohte mit Strafe. Die herbstlichen Regen fielen ein, 
es goß stromweise auf die Römer; dennoch drangen sie vor und gelang- 
ten in den Teutoburger Wald. Hier wollte sie Armin haben; das wal- 
dige Gebirge hatte er zum Sammelplatze für die deutschen Schaaren 
und zur Walstatt bestimmt. Der Angriff war wüthend; die römischen 
Soldaten, die kriegsgewohnten Legionen des Drusus, wiesen ihn kräftig 
zurück und verschanzten sich in ihrem Lager; aber bleiben konnten sie 
nicht, vorwärts noch weniger, dem Rheine zu war der einzige Rettungs- 
weg. Mit der Morgenfrähe brachen sie auf und wurden noch ungestü- 
mer angegriffen, ihr Widerstand war verzweifelt, ihr Rückzug geschab 
daher nur sehr langsam und sie kamen auch an diesem Tage nicht aus 
dem Walde. Am Abend lagerten die geschwächten Legionen abermals 
und verschanzten sich, so gut es noch gehen mochte. Mit dem Tage
	        
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