Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Tiberius. 363 
Häuser kannte, beschlich seine Seele ein sinsteres Mißtrauen gegen die 
eigenen Blutsverwandten und alle vornehmen Römer. 
Militäraufstände. 
Wie unsicher selbst die militärische Unterlage seines Thrones sei, 
zeigte ihm der Aufstand der Legionen in Pannonien und des großen 
Heeres am Rheine, das sein NReffe Germanikus befehligte. Beide ver- 
langten höhern Sold und kürzeren Dienst, und die rheinischen Legionen 
erklärten sich bereit, den Germanikus auf den Thron zu erheben. Dieser 
wies das Anerbieten zwar mit Abscheu von sich, aber wer bürgte dem 
Tiberius, daß er immer widerstehen werde, um so mehr, da er und be- 
sonders seine Gemahlin Agrippina auf ungewöhnliche Weise sich um die 
Gunst der Soldaten bewarben? Dem Scharfblicke des Tiberius entging 
es gewiß nicht, daß diese Soldatenaufstände (diesmal wurden sie glück- 
lich beschwichtigt, aber kürzere Dienstzeit und höheren Sold hatte Tibe- 
rius doch zugestehen müssen) nur das Vorspiel ähnlicher Ereignisse und 
zwar folgenreicherer waren. Auf wen sollte er sich stützen, wenn die 
Heere rebellierten' Auf den Senat? Nach diesem fragten die Heere 
schon in Sullas Zeiten nichts, und wenn er wirklich einige Macht be- 
saß, war wohl zu erwarten, daß er ernstlich für den Kaiser in die 
Schranken treten werde? Gewiß nicht, denn die Senatoren waren ent- 
weder republikanisch gesinnt und haßten die Kaisergewalt, oder sie waren 
Feiglinge, auf welche nicht zu rechnen war; endlich mangelte es auch 
nicht an Ehrgeizigen unter ihnen, welche selbst die Cäsarengewalt zu 
übernehmen bereit waren, wenn die Gunst des Glückes ihnen dieselbe 
nahe brachte. Noch weniger durfte sich Tiberius auf die Plebs verlassen; 
diese gehörte jedem, der sich der Gewalt bemeisterte, vertheidigte aber 
keinen, dazu war sie zu feige und zu undankbar. Tiberius haßte und 
verachtete den Senat und die vornehmen Familien überhaupt, weil er 
sie genau kannte, und da er nicht wie Augustus zur Herrschaft gelangt 
war, durfte er auch auf Volk und Senat nicht diejenigen Rücksichten 
nehmen, die Augustus beobachtete. Bolk und Senat hatten letzteren ge- 
gen den Antonius noch in ihrer Weise durch Dekrete und Beschlüsse 
unterstützt, die Republik half ihm also wenigstens scheinbar zur Herrschaft, 
darum mußte er auch noch einen republikanischen Schein bestehen lassen; 
Tibertus dagegen verdankte ver Republik nichts, sondern erbte die Macht, 
darum vernichtete er die republikanischen Einrichtungen, die unter Um- 
ständen gefährlich werden konnten. 
Verfassungsäyderung. 
Er nahm den Komitien das Recht, die Staatsämter zu besetzen, 
und übertrug dasselbe dem Senate; Augustus soll ihm diesen Rath testa-
	        
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