384 Das Reich der Cäsaren.
in der folgenden Periode auf. Mit Eifer wurde auch die Rhetorik be-
trieben, und es gehörte zur vornehmen Bildung, geistreich und kunst-
gerecht in Gesellschaft und in den Kollegien zu sprechen, denn dahin
hatte sich die Beredsamkeit allmählig zurückgezogen. Von dem Lehrer
Trajans, M. Fabius Quintilianus, ist eine Anweisung zur Redekunst
auf uns gekommen und von dem jüngern Plinius eine Lobrede auf den
Trajan; derselbe hat uns auch elegante Briefe hinterlassen, welche uns
einen Maßstab zur Beurtheilung des gesellschaftlichen Tones der dama-
ligen vornehmen Welt geben. Grammatik wurde in den vielen öffent-
lichen Schulen sehr eifrig betrieben, ebenso die Dialektik und Poetik.
Die Philosophie nahm das Studium der Jugend vielleicht so sehr in
Anspruch als bis auf die jüngsten Jahre in Deutschland, und in Ale-
randrien, Athen und Rom, in allen großen Provinzialstädten wurde un-
endlich viel über Philosophie gelehrt und geschrieben. Von Bedeutung,
ist indessen nur das Encheiridion des bereits erwähnten Epiktet, der als
Sklave und Freigelassener sich als einen praktischen Philosophen bewies,
die Philosophie höchst charakteristisch für seine Zeit als Fertigkeit im
Dulden und Entsagen betrachtete und Demuth lehrte; ferner die Selbsi-
schau des M. Aurelius, des Philosophen auf dem Throne, der mit
Seelengröße einen schlechten Kollegen, ein zuchtloses Weib, einen unge-
rathenen Sohn und den Glückswechsel gefahrvoller Feldzüge ertrug.
Unter den letzten Kaisern bildete sich allmählig eine Philosophie
aus, welche die Mythen des Morgen= und Abendlandes mit den Jdeen
der philosophischen Systeme und neuen Schwärmereien zu einer Religion
zu gestalten strebte, um den Philosophen wie den Altgläubigen zu be-
friedigen. Ihre Wirksamkeit fällt jedoch in die folgende Periode.
Sechstes Kapitel.
Kommodus (180—192). Pertinar und Didius Julianus (193). Septimius
Setverus (193 -211).
Mit Mark Aurel ist die glückliche Zeit des römischen Reiches
(beatissimum saeculum des Tacitus) vorüber und die Geschicke be-
ginnen es ernstlich zu bedrängen. Kommodus kaufte von den Marko-
mannen den Frieden, zog nach Rom und lebte dort seinen Lüsten. Seine
Freude war Blut, das er in der Arena als Fechter und Schüte, aber
auch durch die Ermordung der Freunde seines Vaters und angesehener
Männer vergoß. Die Hauptleute der Prätorianer, Lätus und Elektus,
erstachen ihn endlich, weil er sie auf seine Todtenliste gesetzt hatte.
Sie erhoben den alten Feldherrn Pertinar, und als dieser Ordnung