Das Volk Israel. Die Zeit der Wanderungen. 45
auch ihre öffentliche Schrift geheimnißvoll; es ist dies die Hieroglpphen-
oder heilige Bilderschrift. Das alte Aegypten hat drei Schriftarten:
die demotische oder Volksschrift, die hieratische oder die Priesterschrift,
und endlich die Hieroglyphen, mit welchen Obelisken, Tempel u. s. w.
überdeckt sind. Die Hieroglyphen sind vollständig ausgeführte Bilder,
die hieratische Schrift stizziert die Bilder in deutlichen Umrissen, die
demotische, zum gewöhnlichen Gebrauche wienende, deutete das Bild nur
an. Den Forschungen unserer Zeit ist es gelungen, die Hieroglyphen
wenigstens theilweise zu entziffern. Nach dürftigen Angaben der Alten
glaubte man, jede Hieroglyphe bezeichne entweder den Gegenstand, den
sie abbildet, t. B. der Löwe den Löwen, oder aber einen Begriff, z. B.
der Löwe die Stärke, und unter diesen Umständen hätte man jeden Ge-
danken an ihre Entzifferung aufgeben müssen. Bei Napoleons Zug nach
Aegypten, zu welchem er auch Gelehrte mitgenommen hatte, wurde aber
ein Stein zu Rosette gefunden, der eine griechische Inschrift enthielt,
welche besagte, sie sei auf Befehl des Königs, eines Polemäers, in
beiliger Schrift und in griechischer Schrift eingemeißelt worden. Dieser
Stein fiel in die Hände der Engländer, nachdem die Franzosen aber
schon mit Abschriften versehen waren, und der Scharfsinn der europäi-
schen Gelehrten hatte nun eine Aufgabe gefunden. Die Jnschrift wurde
der Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen (Aoung, Champollion,
die Deutschen Lepsius, Sepffartb, Uhlemann, Brugschb haben sich na-
mentlich Verdienste erworben), indem man die griechische Inschrift mit
der hieroglyphischen und den Wörtern der koptischen Sprache verglich,
welche ein Rest der altägyptischen ist. Man fand, daß die Hieroglyphen
keineswegs ausschließlich Begriffe, also Worte bezeichnen, sondern auch
Splben und Laute; überdies sind einige Hieroglyphen determinative,
d. h. sie haben die Bestimmung, die Bedeutung anderer Hieroglyphen
sicher zu stellen.
Siebentes Kapitel.
Das Volk Israel (2000—550 v. Chr.).
Die Zeit der Wanderungen (2000—1450 v. Chr.).
Während die Völker ihren Gang gingen, wie sie ihn selbst gewählt
hatten, führte Gott das Geschlecht des Semiten Abraham, der an Ihn
glaubte, und, Sein Wort im Herzen, vor des Herrn Angesicht wandelte,
an Seiner Hand. Als die Abgötterei in Abrahams chaldsischer Heimath
Ur einriß und auch seine Familie sich zu dem neuen Glauben wandte,