Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

Salomo. 59 
Obwohl David uns so das Bild eines herrlichen Monarchen ge- 
währt, so blieb doch auch er nicht frei von schwerer Verschuldung. 
Seine Macht war eine unbeschränkte, wie nahe lag die Versuchung, sie 
zu Gunsten überwallender Leidenschaften zu gebrauchen! Seine Jugend 
und den größten Theil des Mannesalters brachte er in Kriegszügen 
hin und schlug als Held die Schlachten seiner Heere mit; der Krieg 
aber entflammt alle Leidenschaften des Menschen: Zorn, Rachsucht, Hin- 
terlist, wilde Begierden und erfüllt nur zu leicht, wie die Beispiele aller 
Zeiten beweisen, den Sieger mit jenem Uebermuthe, der sich alles an- 
eignen will, wornach die Sinnlichkeit gelüstet. Auch David fiel; er ver- 
führte das Weib eines treuen Kriegsmannes, des Urias, und opferte 
diesen Tapfern hinterlistig dem Schwerte des Feindes. Da trat der 
Prophet Nathan vor den König und zeigte ihm durch ein Gleichniß die 
Größe seiner Verschuldung und ließ ihn sein eigenes Urtheil sprechen. 
Der König wurde durch die Rede des Propheten erschüttert, seine Reue 
war innig und tief, so daß er ergeben dem Unglücke entgegensah, welches 
ihm Nathan als eine unausbleibliche Strafe verkündigte. Es blieb auch 
nicht aus; eine Pest raffte in wenigen Tagen einen Theil des Volkes 
weg, auf dessen Zahl der König stolz gewesen; in seinen alten Tagen 
nöthigte ihn eine Empörung seines Sohnes Absalom zur Flucht über 
den Jordan, und sein Herz wurde durch den Tod des abtrünnigen 
Sohnes, den der unbarmherzige Feldherr Joab erschlug, tiefer betrübt, 
als durch die Empörung. David starb 1022 v. Chr. und hinterließ 
seinem Sohne Salomo ein schönes Königreich und einen wohlgefüllten 
Schatz. 
Salomo (1022—982). 
Die erste Zeit seiner Regierung war eine glanzvolle, denn Salomo 
war ein Mann voll Geist und Weisbeit, die Bewunderung seines Vol- 
kes und fremder Nationen. Den Krieg liebte er nicht und Jerael ge- 
noß unter ihm eines langen Friedens, welcher nur durch einen Zug ge- 
gen die Ueberreste der Philistäer unterbrochen wurde. Er baute den 
Tempel mit dem Schatze, welchen ihm David zu diesem Zwecke hinter- 
lassen hatte. Die Oberfläche des Moriah wurde geebnet, gegen Osten 
schütgten Substruktionen aus ungeheuren Quadern (das Einzige, was 
noch bis auf den heutigen Tag übrig ist) den Bau, der unter 3600 
Meistern drei Jahre lang 150,000 Menschen beschäftigte. Der eigent- 
liche Tempel war nur 60 Ellen lang, 20 breit und 30 hoch, aber aus 
dem köstlichsten Materiale; das Innere des Allerheiligsten war mit fei- 
nem Golde überzogen, und von dem gleichen Metalle waren alle Ge- 
fäbe. Durch ein Opfer von 22,000 Stieren und 120,000 Widdern 
wurde der Tempel eingeweiht, wozu eine unermeßliche Menge Volkes
	        
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