Ende der Herrschaft des Krösus. Die Grlechen in Kleinasten unterworfen. 67
zurück, um sein Heer zu verstärken, sein Gegner aber rückte ihm eilig
nach und besiegte ihn vor den Mauern von Sardes, der Hauptstadt
ELpdiens, welche nun belagert wurde. Als Kyrus bemerkte, daß die
Naubvögel ganz nahe an der Stadtmauer, wo diese auf einer steilen
Anhöhe gebaut war, ungescheut die hinausgeworfenen Todtenkörper ver-
zehrten (die Morgenländer warfen also damals wie noch heute die Thier-
leichen hinaus und verscharrten sie nicht), so schloß er, daß die Lyder
die Mauer an jener Stelle gar nicht oder nur schlecht bewachten, weil
die Vögel sonst öfters aufgescheucht würden. Er stürmte nun die Stadt
auf der schwächsten Seite und eine Schaar Perser überstieg die Mauer
an jener steilsten Stelle, die wirklich unbewacht war; Hauptstadt und
König geriethen in die Gewalt des Feindes. Krösus sollte, wie Hero-
dot erzählt, auf dem Scheiterhaufen sterben, da rief er dreimal in lau-
lem Schmerze: „o Solon !“ Von Kprus befragt, warum er diesen
Namen rufe, erzählte er: „Ich war ein reicher und stolzer König, und
die Menschen bewunderten mich. Endlich kam ein Bürger aus Athen,
Solon, zu mir; ich zeigte ihm meine Schätze und die Herrlichkeit mei-
nes Palastes und erwartete, daß er mich glücklich preisen würde, wie
vor ihm alle gethan hatten. Als er aber schwieg, fragte ich ihn: wel-
chen Sterblichen hältst du für den glücklichsten Er nannte mir einen
athenischen Bürger, der an seinen Kindern Freude erlebt hatte und in
einer siegreichen Schlacht gefallen war; sodann zwei argivische Jüng-
linge, die ihre Mutter auf einem Wagen in den Tempel zogen, sich in
der Vorhalle niederlegten, entschliefen und nicht mehr aufwachten. Un-
geduldig fragte ich endlich: Und hältst du mich nicht auch für glücklich ?
Er antwortete: Vor dem Tode, König, dürfen wir keinen Sterblichen
glücklich preisen! Nun haben mich die Götter in deine Hand gegeben
und ich erfahre jetzt an mir selbst die Wahrheit dieser Worte, darum
habe ich den Namen des Weisen ausgerufen.“ Korus wurde gerührt;
er bedachte die Veränderlichkeit des menschlichen Schicksals, begnadigte
den Krösus und behielt ihn als Freund und Rathgeber um sich, so
lange er lebte.
Die Griechen in Kleinasien unterworfen.
Der Feldherr des Kprus, Harpagus, unterwarf auch die griechischen
Städte in Kleinasien, von denen die meisten schon dem Krösus Tribut
bezahlt hatten. Sie unterwarfen sich meistentheils ohne langen Wider-
stand, nur die Bewohner von Phokäa wollten nicht unter persischer Herr-
schaft leben. Sie baten um Wasfenstillstand, während dessen sich die
Perser von der Stadt eine Strecke weit zurückziehen sollten, damit die
Bürger sich ohne Furcht vor einem Ueberfalle berathen könnten. Er
wurde gewährt. Die Phokäer benugzten aber diese Frist, brachten Weib
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