82 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
als Pelasger und Hellenen zu einem Volke verschmolzen, ohne daß deß-
wegen die Hellenen ihre Ueberlieferungen von ihren eigenen Göttern
und ihren mitgebrachten Kult beseitigten; sie behielten ihn vielmehr neben
dem pelasgischen als väterliches Erbtheil. Vielfach erhielt sich der Name
des pelasgischen Gottes und die Mythe, während neben ihm der helle-
nische Kult und die hellenische Mythe die Oberhand gewann. Dann
wurde der pelasgische Gott zu einem alten Heros und sein Mythus zu
einer Heldensage und so verschmolz auch die hellenische Heldensage mit
pelasgischer Mpthe. Daher kommt es, daß die griechische Götterlehre,
Mpthologie, wie sie auf uns gekommen ist, kein harmonisches Ganzes
bildet, daß die Mythen einander sogar widersprechen und die späteren
Mpthenerzähler und Mythendeuter umsonst ihren Witz aufbieten, um
dieselben in Einklang zu bringen. Wo pelasgische Priestergeschlechter
ausdauerten, erhielt sich auch der pelasgische Kult mit allen seinen Cere-
monien und Weihen, und eben deßwegen wurde er mysteriös, indem sich
jeder diesen Ceremonieen und Weihen unterwerfen mußte, wenn er an
diesem Kulte Antheil nehmen wollte; der Hellene durfte da nicht gerade-
wegs eintreten, wie in seine Göttertempel, sondern er mußte sich den
alten Regeln des Kultus unterwerfen. Gewöhnlich wird erzählt, daß
zu den Pelasgern und Hellenen ägyptische und phönikische Ansiedler ka-
men, welche den rohen Stämmen, etwas von ihrer Kultur beibrachten.
Herodot hat diese Meinung zuerst aufgebracht, weil die ägyptischen Prie-
ster ihm zu beweisen schienen, daß die Aegyptier das allerälteste Volk
seien, von dem aller Götterdienst ausgegangen. Die ägyptischen Priester
konnten sich das freilich nicht anders denken, weil nach ihrem Glauben
Aegypten das Land der Götter und die Urheimath der Menschen war,
und hätte sie der Zufall mit einem Druiden aus Gallien oder Britannien
zusammengeführt, so würde sie die Kunde von den druidischen Lehren
und Geheimnissen lediglich zu der Behauptung gebracht haben, daß
diese aus Aegypten stammen. Die einheimische Sage in Griechenland
weiß aber durchaus nichts von ägpptischen Einwanderungen. Nach ihr ist
das Orakel in Dodona von Zeus selbst eingesetzt; die ganze Einrichtung
desselben, z. B. die Priesterinen, weil bei den Aegyptiern durchaus
kein Weib Tempeldienst hatte, widerspricht dem ägyptischen Kult ebenso
sehr als der griechische Zeus dem Osiris. Als Einwanderer wird um
1500 v. Chr. Danaus angeführt; allein nach der griechischen Sage ist
Danaus ein Stammhaupt der Achäer; früher hießen die Bewohner
von Argolis ägialeische Pelasger, nach des Danaus Ankunft aber Jo-
nier (Herod. VII. 95). Noch wichtiger als die Einwanderung des
Danaus soll die des Kekrops in Attika gewesen sein (1550 v. Chr.),
weil er die Samenkörner der athenischen Kultur ausgestreut habe.
Von diesem Einwanderer weiß aber Herodot selbst nichts, sondern er