146 Das heilige römische Reich deutscher Ration.
(wie immer) durch die, welche schon in der Gunst waren; dieser Weg
konnte aber der Art sein, daß ihn kein Mann von Ehre betreten mochte.
So war es unter Heinrich IV.; während seines Aufenthaltes bei Adal-
bert von Bremen mußte diesem stolzen und habsüchtigen Manne gedient
werden, wenn jemand eine Pfründe wollte, später aber verschenkten
Heinrichs nichtswürdige Günstlinge die Pfründen oder verkauften sie,
bald mit, bald ohne Wissen ihres Herrn.
Wir haben gesehen, daß der päpftliche Stuhl sich in keiner besseren
Stellung befand, und wie oft er durch römische Faktionen vergeben
wurde. Unter solchen Verhältnissen war es noch ein Glück, wenn ein
kräftiger Kaiser ihn besetzte, doch sein Recht war es nie, weder als ein
cäsarisches Erbe, noch als Folge der Kaiserkrönung. Der Papst darf
nämlich, wenn ein ordnungsmäßiger Zustand der Kirche bestehen soll,
weder von einer Volkspartei, noch von einer Adelsfaktion, noch von
einem mächtigen Herrscher erhoben werden, sondern er muß frei aus der
Kirche hervorgehen. Deßwegen verordnete Papst Nikolaus II. auf dem
lateranischen Koncil 1059, daß jede Papstwahl ungiltig sein sollte, welche
nicht durch die Kardinäle vorgenommen worden sei. Sein Nachfolger
Alerander II. hatte noch mit einem Gegenpapste zu kämpfen, für den
sich Adalbert von Bremen erklärt hatte, aber die Unterstützung aller
bessern Bischöfe und der italienischen Städte verschaffte ihm einen gläu-
zenden Sieg, und er erneuerte alle Gebote und Verbote, welche auf
Priesterehe, Simonie und Papstwahl Beziehung hatten. Als er am 21.
April 1073 starb, ernannten die Kardinäle an demselben Tage den
Hildebrand zum Papste, als welcher er Gregor VIlI. heißt.
Gregor mußte die Reformation vollenden, die seine Vorgänger
angefangen hatten; ihm blieb der schwierigste Theil des Werkes vorbe-
halten, die allgemeine Durchführung der kirchlichen Verordnungen, nach-
dem diese vorerst nur in Rom und seinem politischen Gebiete sowie in
einzelnen Gegenden Italiens vor sich gegangen war. Durch Dekrete
hätte Gregor nie das Kirchengesetz durchführen können, denn wenn Geist-
liche und Laien ihn nicht hörten, wie sollte er seine Verordnungen
geltend machen? Er war allerdings ein ausgezeichneter Politiker, aber
gerade deßwegen wußte er am besten, welch vielfältigem und heftigem
Widerstande seine Reformation begegnen werde, und in dieser Rücksicht
bätte er sie aufgeben müssen. Gregor unternahm sie dennoch, denn er
vertraute auf den höheren Schutz, welcher der Kirche von ihrem Stifter
verheißen ist, und auf die Reformation, die auf einem andern kirchlichen
Gebiete vorangegangen war und der seinigen den Weg bereitet hatte.
Auch die Klöster hatten vielfach durch Simonie gelitten oder waren
durch die Fülle ihres Besitzes zu einem weltlichen Leben verlockt worden.
Dieser Ausartung arbeiteten aber Männer entgegen, in denen derselbe