Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Ausbruch des Juvestiturstreites. 147 
Geist fortlebte, welcher die Klöster in's Leben gerufen hatte, die der Welt 
ein neues Beispiel der Entsagung, der Andacht und der Arbeit für die 
höhere Bildung der Menschheit vor Augen stellten. Unter diesen nimmt 
das Kloster Klugny den ersten Rang ein, das 909 durch Abt Berno und 
Herzog Wilhelm den Frommen von Guyenne gegründet wurde. Es erneuerte 
die Strenge der Regel St. Benedikts, sein Ruhm durchdrang unter den 
Aebten Odo, Aymar und Majolus die ganze europäische Christenheit und 
rief in einem kurzen Zeitraume Hunderte ähnlicher Stiftungen in's Leben. 
So mehrten sich wieder die Anstalten, aus denen allseitig gebildete ernste 
Geistliche hervorgingen, wo die Jugend die Stätten frommer Erziehung 
und höheren Unterrichtes fand. Noch wichtiger vielleicht war die Ein- 
wirkung der reformierten Klöster auf das Volk; der sittliche Ernst, das 
enthaltsame und doch so thätige Leben gefiel ihm, es bekam wieder einen 
Maßstab für die Anforderungen, welche die Kirche an die Geistlichen 
stellt, und verlangte von ihnen, wenn auch nicht dieselben Opfer, so doch 
sichtbare Nacheiferung. Als daher Gregor die Verordnungen wegen der 
Priesterehe und der Simonie erneuerte, so traten der bessere Theil des 
Klerus, alle Klöster und das Volk alsbald auf seine Seite, und diese 
sittliche Macht war es, welche jene Verordnungen durchführte, nachdem 
Gregor selbst als Flüchtling gestorben war. Daß dieser Kampf zu 
Heinrichs Verderben ausschlug, daran trug er selbst die Schuld, einmal 
durch sein Lasterleben, sodann durch seine Treulosigkeit, mit der er auch 
die besseren Gegner behandelte; dabei ist jedoch nicht zu läugnen, daß 
die Herren, welche in Deutschland für die Sache der Kirche zu streiten 
erklärten, mehr für ihre dpnastischen Interessen fochten, sonst hätten sie 
unmöglich so oft die Partei wechseln können. 
Ausbruch des Investiturstreites (1076). 
Heinrich IV. in Kanossa (1077). 
Als Kardinal Hildebrand erwählt war, wandte sich die ganze simo- 
nistische Partei in Italien an Heinrich, daß er die Papstwahl nicht be- 
stätige; aber der Graf von Nellenburg, den Heinrich nach Rom schickte, 
fand die Wahl so in aller Ordnung geschehen, daß er nur zur Be- 
stätigung derselben rathen konnte, welche nun auch alsbald erfolgte. 
Im Jahre 1075 hielt Gregor ein Koncil in Rom, in welchem er die 
früheren Verordnungen erneuerte, und da es erwiesen war, daß Per- 
sonen aus Heinrichs Umgebung die eigentlichen Vermittler des simoni- 
stischen Handels seien, so ercommunicierte er dieselben und verbot die 
Investitur mit Ring und Stab den weltlichen Herren geradezu, d. h. 
er untersagte ihnen die Besetzung der geistlichen Aemter. Dies kümmerte 
Heinrich nicht, der eben den Sachsenaufstand niederschlug. Im folgenden 
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