Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Das Zeitalter der Kreuzzüge. Der Adel und das Ritterwesen. 215 
Verkehr verbreitete besonders in den Städten Reichthum und Bildung, 
die Isolierung der Nationen hörte auf, Wissenschaft und Kunst bauten 
gemeinschaftliche Herde, so daß eine europäische Kunst und Literatur 
aufblühte. Es war in jener Zeit ein reiches und bewegtes Leben, 
und wir sehen überall in allen Kreisen eine Kraftfülle schaffen und 
walten, die uns ganz wunderbar erscheint. Damit ist nicht gesagt, 
daß damals alles schön und gut gewesen sei; die Leidenschaften 
trieben damals ihr Spiel wie zu jeder Zeit und um so verderb- 
licher, weil jenes Zeitalter so kräftige, willensstarke und thatenlustige 
Menschen hegte; ein heißer Sommer ist ein fruchtbarer, aber auch ge- 
witterreicher, und je höher ein Baum ist, um so weiter wirft er seinen 
Schatten. 
Der Abdel und das Mitterwesen. 
Die Zeit der Kreuzzüge ist das Heldenalter des Adels. Seitdem 
der Heerbann aufgebört hatte, weil die Zahl der gemeinen Freien 
mehr und mehr schwand, bildete sich ein eigener Stand aus, der mit 
dem Adel verwuchs, der Ritterstand. Diejsenigen Freien nämlich, welche 
so viel Eigenthum besaßen oder so viel Gut zu Lehen trugen, daß 
sie den Heeresdienst zu Rosse thun konnten, wurden nun das eigentliche 
Kriegsvolk; daher heißen sie auch in den Urkunden milites, während 
sie sich selbst von ihrem Dienste zu Rosse „Ritter“ nannten. Diese 
Krieger erhielten für ihre Kriegsdienste von den Königen, Herzogen 
und Grafen, dem hohen Adel, Sold, und wie oben bei dem Römer- 
zuge beispielweise angegeben worden ist, Saumpferde, Pferdebeschläge, 
Felle und andere Kriegsbedürfnisse, oder auch, was viel erwünschter 
sein mußte, Lehen, wodurch der Ritter, der manchmal als jüngerer 
Sohn außer Namen und Rüstung nichts sein nannte, zu einem Guts- 
herrn wurde, dem zinsbare Bauern dienten. Der Sohn des Ritters 
erhielt durch seine Geburt das Lehenrecht, während andere freie Leute, 
Bauern und Bürger, dasselbe thatsächlich verloren, weil sie dem Könige 
oder einem Landesherrn nicht regelmäßig und auch nicht zu Rosse Kriegs- 
dienste thaten. 
Nach der Weise des Mittelalters, wo sich der Gleiche dem Gleichen 
anschloß und diese Verbindung genau regelte, bildete nun auch die 
Ritterschaft eine Genossenschaft oder einen Orden, in welche die Be- 
rechtigten feierlich aufgenommen wurden, wenn sie nach den Gesetzen 
vorbereitet waren und gelobt hatten, die Verpflichtungen der Ritterschaft 
gewissenhaft zu erfüllen. Während der Kreuzzüge trafen sich die Ritter 
aller Nationen in Palästina, und die ausgebildetere Regel der französischen 
Ritterschaft wurde auch von den Deutschen angenommen, was bei der 
englischen, niederländischen und italienischen noch schneller geschah; so
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.