Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Die Wissenschaft. 229 
die Erhaltung der alten Klassiker hochverdient), Albert der Große (geb. 
um 1200 zu Lauingen in Schwaben, Ordensprovincial der Dominikaner, 
Bischof von Regensburg 1260—1262, gest. 1280 in seinem Kloster zu 
Köln.) und der englische Mönch Roger Bakon (geb. 1214, Verfasser 
eines speculum alchymiae, gest. 1292 oder 1294) die berühmtesten; 
der letzte war großer Erperimentalphysiker, Albert umfaßte das ganze 
Gebiet der damaligen Naturkunde und beschrieb es. Wie weit die Me- 
dicin von der arabischen berührt wurde, können wir nicht bestimmen, 
vielleicht sehr wenig, da sich die Arzneikunde noch ganz in den Händen 
der Geistlichen befand. Ebenso ergeht es uns mit der Mathematik; doch 
dürfen wir aus dem Bau der Dome schließen, daß die alten Baumeister 
die Verhältnisse der Last, Kraft und des Raumes sehr genau zu be- 
rechnen verstanden; der große Albert war Mathematiker und Baumeister. 
Die Scholastik. 
Die christliche Wissenschaft entwickelte sich aber auch selbstständig auf 
ihrem ureigenen Gebiete. Der Grundsatz der christlichen Denker des 
Mittelalters hieß: ich weiß, weil ich glaube, d. h. die Lehren der ge- 
offenbarten Religion galten ihnen als absolute Wahrheit und sie sahen 
die Aufgabe der Wissenschaft darin, daß diese den Inhalt des Glaubens 
allseitig bestätige, als vernunftgemäß nachweise, das religiöse Bewußt- 
sein in spstematische Form und allen zum Verständniß bringe. Ohne 
Glauben war ihnen nichts beweisbar, verwandelte sich alles Dasein in 
ein wogendes Nebelmeer, das die mannigfaltigsten Gestaltungen bildet 
und wieder zerfließen läßt (wie die Geschichte der griechischen Philo- 
sophie zeigt, deßwegen suchten sie alles auf der Welt: die Natur und 
ihre Erscheinungen, die Bestimmung des Menschen, sein Verhältniß zu 
der Natur, seine Rechte und Pflichten, die verschiedenen Stände, die 
Staatsform, aus der geoffenbarten Religion zu entwickeln. Schon die 
Kirchenväter, namentlich Origenes und Augustinus, hatten den Glauben 
als Norm und Richtschnur alles Erkennens betrachtet und nach einer 
Religionsphilosophie gerungen. Nach den Stürmen der Völkerwanderung 
vom 6. Jahrhundert an begann dies Streben von neuem; in den zur 
Zeit Karls d. Gr. entstandenen Dom= und Klosterschulen erstarkte die 
denkende Durchdringung des Christentbums durch dialektische Uebungen 
(Skotus Erigena); Engländer, Franzosen, Deutsche und Italiener wur- 
den reich an tiefsinnigen Geistern. Anselm von Kanterburt (1033—1109) 
bereits erhob alle Hauptmomente des christlichen Bewußtseins zu einem 
einheitlichen System, durch den schon oben genannten Albert den Großen 
gestaltete sich die Theologie wirklich zum Kern und archimedischen Punkt 
einer Encpklopädie des Wissens der damaligen Zeit. Derselbe Mann 
machte zuerst die aristotelische Philosophie zum Gemeingute der wissen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.