Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

26 Das Chriftenthum unter den Germanen und Slaven. 
Macht des Königs war je nach seiner Persönlichkeit und den Umständen 
veränderlich; ein König wie Chlodewig vermochte Alles, ein anderer 
fand beute bereitwilligen Gehorsam und morgen keinen und bei der 
schließlichen Durchführung des Lebenwesens trotzten gerade die Herren 
dem Könige, welche für ihn hätten einstehen sollen. 
Die Gaueintheilung. Grafen. 
Das Land selbst war in Gaue (pagus) eingetheilt, woher noch 
heute viele Landstriche Gaue heißen. Der Gau war die Gemeinde aller 
freien Männer und Grundeigenthümer innerhalb seiner Gränzen. Der 
Vorsteher eines Gaues wurde von dem Könige ernannt und hieß Graf 
(ein Wort, das verschieden gedeutet wird, z. B. als Begleiter, angel- 
sächsisch Gerefa, jedenfalls nicht von „grau“ herkommt); er leitete die 
Gauversammlung, das Gaugericht und führte die wehrbare Mannschaft 
in den Krieg. Der Gau zerfiel wieder in Centen (Centena; Hund- 
reden in oberdeutscher Sprache) von je 100 freien Höfen, der Vorsteher 
hieß Centenarius (Centgraf); diese Eintheilung scheint jedoch nie ganz 
durchgeführt worden zu sein, denn es gab Gaue ohne Centen, und dann 
wieder Centen, die einen Gau ausmachten; manchmal erscheint auch 
Gau als die geographische Bezeichnung einer größeren oder kleineren 
Landschaft, deren Bewohner nicht eine geschlossene Gaugemeinde bilden. 
Die unterste Abtheilung waren die Gemeinden, Genossenschaften 
mit abgegränztem Grundeigenthum (Mark), welche Wald und Weide 
gemeinschaftlich nutzten, während der Ackerboden familienweise vertheilt 
war; der Vorsteher einer Gemeinde heißt später Schuldheiß (weil er 
Schulden, die von dem Gerichte angesetzten Bußen und die Abgaben 
an den König einzufordern, zu heischen hatte). 
Gerichte. 
Bei unsern Vorfahren gab nur die Freiheit Ehre und das Recht 
auf ächtes Grundeigenthum; der Unfreie konnte eben so wenig Grund- 
eigenthum erwerben, als sich selbst vor Gericht vertheidigen, daber sein 
Herr ihn vor Gericht vertrat (Vormundschaft, von mundium, Schutz, 
das der Bedeutung nach mit dem lat. manus, Hand, zusammenhängt). 
Bei gemischter Bevölkerung (germanischer und röômischer, fränkischer und 
alemannischer 2c.) galt allgemein der Grundsatz, daß jeder nach seinem 
nationalen Rechte gerichtet werde von dem ordentlichen Richter. 
Ueber Adelige und Große des Reichs richtete der König mit der Volks- 
versammlung; weil die Gesammtheit der Freien wohl nie beisammen 
war, wenn diese nicht als Heerbann aufgeboten wurden, so bildete sich 
das Recht aus, daß der Adel eigenes Gericht vor dem Könige durch 
seine Standesgenossen erhielt.
	        
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