Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

54 Das Christenthum unter den Germanen und Slaven. 
bis zu seinem Tode (639) so zur Zufriedenheit des Volkes regiert, daß 
es ihn mehr als einen König betrauerte; die Eifersucht der Großen 
schloß aber seinen Sohn Grimoald von der väterlichen Würde aus, bis 
er sich in dem Kriege gegen die aufgestandenen Thüringer als den einzigen 
Mann erwiesen hatte, welcher Austrasiens Herrschaft über die unterwor- 
fenen Völker aufrecht zu erhalten vermöge. Als Siegbert III. (656) 
starb, wollte Grimoald seinem eigenen Geschlechte die Krone zuwenden; 
er schickte den unmündigen Königssohn Dagobert II. in ein irisches Kloster 
und ließ seinen eigenen Sohn Childebert als König ausrufen, indem er 
verkündete, er thue alles dies auf die letztwillige Anordnung des verstor- 
benen Kzuigs. Allein die austrasischen Großen ließen sich die Herrschaft 
eines Emporkömmlings nicht gefallen; sie riefen Chlodewig ll. aus Neu- 
strien herbei, dieser ließ Grimoald mit dessen Sohn hinrichten und ver- 
einigte so zum letztenmale das ganze Frankenreich unter einem Merowinger. 
(Die Geschichte Grimoalds ist sehr dunkel.) 
f rieg und Mord. 
Chlodewig II. starb noch im nämlichen Jahre; Theilungen und 
Bürgerkriege, wilder als jemals, zerrütteten die fränkischen Reiche, und 
diese Umstände benützte ein Großer, Ebroin, der an Tücke und Wildheit 
alles überbot, was bisher gesehen worden, um sich zum Hausmeier aller 
fränkischen Reiche emporzuschwingen. Unter den vielen Opfern dieses 
Ungeheuers war auch St. Leodegar, Bischof von Autun, der Chlodewigs II. 
jüngeren Sohn, den Austrasier Childerich II., vergeblich weise berieth 
und ihn zur christlichen Sitte anhalten wollte; der König ward 673 von 
einem beleidigten Großen erschlagen, worauf Ebroin einen angeblichen 
Sohn Chlotars III. als König aufstellte, während St. Leodegar dessen 
Bruder Dietrich III. als König anerkannte. St. Leodegar stellte sich frei- 
willig seinem Feinde, als dieser Autun belagerte; auf dessen Befehl wurde 
er geblendet, an Lippen und Zunge verstümmelt und zuletzt 678 im 
Iveliner Walde enthauptet. Endlich wurde (681) Ebroin von einem 
vornehmen Franken im königlichen Palaste ermordet. 
Pipin von Heristal (687—714). 
Der austrasische König Dagobert III. war 678 gegen den Neustrier 
Dietrich III. geblieben, warauf die Austrasier den Pipin von Heristal 
zum Hausmeier erwählten, der auch die Hausmeierwürde in Neustrien 
ansprach, wo unter Ebroins Nachfolger das hergebrachte Unwesen fort- 
dauerte. Pipin, der seinen Beinamen von seiner Burg Heristal an der 
Maas bei Lüttich trägt, war der Sohn Ansgisils und Beggas, einer 
Tochter Pipins von Landen, also der Enkel von den zwei austrasischen 
Franken, die unter Chlotar II. und Dagobert I. die Geschäfte geleitet
	        
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