St. Bonifacius, der Apostel Deutschlands. 61
Schüler St. Sturm, ein Bayer, das Kloster Hersfeld, er selbst tief im
Urwalde Buchonia, wo ihm Karlmann einen Raum von 4000 Schritten
in die Länge und Breite angewiesen hatte, das Kloster Fulda, das für
Mitteldeutschlands Kultur so bedeutend wurde. Dieses sein Lieblings-
stift hatte St. Bonifacius als den Ort ausersehen, wo er die letzten
Jahre seines Lebens, wenn der gebrechliche Leib dem apostolischen Dienste
nicht mehr genüge, in Ruhe zubringen wollte. 747 wurde er Erzbischof
von Mainz, Primas für Deutschland, päpstlicher Legat in Gallien und
Germanien, salbte 752 Pipin zu Soissons als König der Franken, über-
gab den erzbischöflichen Stuhl seinem Schüler Lullus, den er mit Zu-
stimmung des Papstes selbst zu seinem Nachfolger erwählt hatte, und
wanderte 753 als Missionär nach Friesland, um dessen Bekehrung zu
vollenden. Hier fand er bei Dokkum den 5. Juni 755 mit 52 Ge-
fährten den Tod unter den Streichen einer Heidenschaar; die christlichen
Friesen, die um ihn waren, hätten ihn bis zum letzten Blutstropfen ver-
theidigt, er wollte aber nicht, daß andere für ihn sterben sollten, und
empfing stehend und betend die tödtliche Wunde.
St. Bonifacius war nicht allein dadurch der Wohlthäter unserer
Nation, daß er sie der Finsterniß des Heidenthums entriß, heidnischen
Aberglauben bei den Neubekehrten durch weise Verordnungen bekämpfte,
Klöster und Bisthümer stiftete, die deutschen Stifte in den lebendigsten
Verkehr mit dem pästlichen Stuhle brachte und dadurch in jener Zeit,
wo es an Häresieen so wenig fehlte als an nationaler Feindseligkeit,
das Bewußtsein der kirchlichen Einheit bei den Völkern diesseits der
Alpen befestigte, sondern er wirkte auch den Uebelständen kräftig ent-
gegen, welche in der abendländischen Kirche viel Unheil anrichteten.
Viele Klöster waren reich an Land und Leuten geworden, wie be-
reits oben erzählt ist; sie waren die Universitäten jener Zeit, die Se-
minarien für Priester und Missionäre, die einzigen Institute, in welchen
die vornehme Jugend höhere Bildung erhalten konnte, die Asyle für
solche, welche des weltlichen Treibens überdrüssig waren oder sich an
demselben nie betheiligen wollten; sie pflegten die Künste, sie übten end-
lich die Pflicht der Wohlthätigkeit im weitesten Umfange — hätten sie
dieses thun können, wenn sie arm und bilflos geblieben wären? So
wurden auch die Bisthümer von wohlmeinenden Fürsten und Reichen
mit Land und Leuten ausgestattet, denn es gab damals keine Staats-
und Provinzialkassen, aus denen man den Bischöfen einen entsprechenden
Gehalt hätte schöpfen können, sondern fast alles Einkommen beruhte auf
Grundbesitz, dieser aber bedurfte Leute, von denen er bebaut wurde.
Eine Ausstattung des Bisthums mit Land und Leuten war in der
damaligen Zeit überdies deßwegen nothwendig, weil ohne dieselbe der
Bischof in der Nation nie eine seiner Würde entsprechende Stellung