Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Fortschritte der Reformation. 23 
Drittes Kapitel. 
Tortschritte der Nesormation. 
Während Karls Abwesenheit war nicht allein der Bauernkrieg in 
Deutschland aufgelodert und im Blute von 100,000 Menschen erstickt 
worden, sondern auch die wittenbergische Reformation hatte trotz der 
Aechtung ihres Urhebers große Eroberungen gemacht. Im Jahre 1525 
starb Kurfürst Friedrich von Sachsen, und sein Nachfolger Johann 
Friedrich bekannte sich öffentlich zum „Evangelium“ und wurde mit 
dem Landgrafen Philipp von Hessen eine Hauptstütze der Reforma- 
tion. Ihrem Beispiele folgten die Herzoge von Pommern, Mecklen- 
burg, Braunschweig-Lüneburg (Heiurich von Braunschweig-Wol- 
fenbüttel blieb katholisch), Anhalt, Schleswig-Holstein und die 
angesehensten Reichsstädte. In den Relchsstädten war jedoch die 
Stimmung sehr gethellt; waren die Plebejer, das gemeine Volk, der 
Reformation geneigt und wollten durch sie die Stadtverfassung demo- 
kratisieren, so gebärdeten sich die vornehmen Geschlechter gewiß gut 
katholisch; waren aber die Plebejer katholisch, so hielten sich die Ge- 
schlechter um so fester an die Reformation. Der Großmeister des 
Deutschordens in Preußen, Albrecht von Brandenburg, trat 
ebenfalls über und machte sich zum Landesherrn Preußens, das er von 
Polen zu Lehen nahm und vom Reiche trennte (1525); ihm thaten es, 
wiewohl nicht gleichzeitig, Plettenberg in Livland, Ketteler in 
Kurland nach; die esthländische Ritterschaft unterwarf sich Schwe- 
den. Diese Länder wurden nun zum Zankapfel zwischen Schweden, 
Polen und Rußland. Wo aber die Regierung, ob Fürst oder Stadt- 
magistrat, sich zu dem „Evangelium“ bekannte, da wurde die Aus- 
übung des katholischen Kultus nicht mehr geduldet; es ist 
daher eine große Lüge, wenn behauptet wird, die Reformatoren hätten 
die Freiheit des Glaubeus und Gewissens für jemand anders als für 
sich und die Ihrigen verlangt; diese entstand erst aus spätern Kämpfen 
und aus gebieterischen politischen Verhältnissen. Ebenso wenig gestat- 
teten katholische Fürsten und Magistrate ihren Unterthanen 
den Uebertritt zum „Evangelium“, und sie konnten es nicht, wenn 
sie nicht alle Gesetze der Kirche und des Staates brechen wollten. So wurde 
der später zum Staatsgesetz erhobene Satz: cujus regio ejus et religio, 
d. h. der Landesherr ist auch Glaubensherr, thatsächlich eingeführt. Die 
katholischen Fürsten konnten das „Evangelium“ Luthers nicht anders als 
eine neue und große Häresie betrachten und nach den Gesetzen des Reichs, 
des rein katholischen Staates, durfte diese so wenig geduldet werden, 
als ehemals die Häresie der Hussiten; andererseits war den Anhängern
	        
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